Web und Tech

Die Drohne, das unbekannte Flugobjekt

Das Video einer Drohne als Paketzusteller hat für Aufsehen gesorgt – und Verunsicherung. Werden bald ständig Drohnen über unseren Köpfen schwirren?

Von Matthias Christler

Innsbruck –Die Flugshow hat Eindruck hinterlassen. Seit Amazon vergangene Woche mit einem Demo-Video ankündigte, in wenigen Jahren Drohnen als Paketzusteller einsetzen zu wollen, wird eifrig diskutiert, ob es nur ein PR-Gag war. Und viel wird spekuliert, wann es tatsächlich umsetzbar wäre. Darf Amazon so ohne Weiters mit einem Fluggerät in den Luftraum eindringen? Wo soll die Drohne landen? Ist das nur der Anfang einer Entwicklung und gab es nicht bei den ersten Automobilen ähnlich skeptische Stimmen? Zwei Experten aus Österreich geben Antworten auf die dringendsten Drohnen-Fragen.

1 Ist es technisch möglich, eine Drohne als Paketboten einzusetzen? So wie in dem Video zu sehen ist, dass eine Drohne das Paket im Lager abholt und dem Kunden in den Garten liefert, ja, das ist theoretisch umsetzbar. „Aber“, sagt Raoul Fortner von Austrian Aeronautics Industries Group, der Interessengemeinschaft der österreichischen Luftfahrtzulieferindustrie, „nicht alles, was technisch möglich ist, kann sofort umgesetzt werden.“ Er erklärt, warum: Bei der Amazon-Drohne würde es sich um eine Klasse-2-Drohne handeln, die ohne Sichtverbindung zwischen Pilot und Fluggerät auskommen muss. Bei Klasse 1 hat der Pilot die Drohne immer in Sichtweite. Ohne Sichtverbindung müsste das Gerät selbst andere Flugobjekte wie Vögel oder andere Drohnen erkennen. „Und so ein System gibt es noch nicht. Das ist ein spannender Bereich, der jetzt gerade erforscht wird“, sagt Fortner.

Er bezweifelt außerdem, dass es ökonomisch sinnvoll wäre, für nur ein Paket eine Drohne loszuschicken. Derzeit sind diese auch aufgrund ihres Elektroantriebes nicht „kräftig“ genug, um mehrere Pakete mit einem Gesamtgewicht von über fünf Kilogramm zu transportieren.

2 Darf in Österreich ein Unternehmen/eine Behörde Drohnen einsetzen? Ja, wenn Austro Control den zivilen Einsatz genehmigt und nur bei Drohnen in Sichtweite (Klasse 1). Das bedeutet, dass die Luftfahrzeuge höchstens in einem Umkreis von 500 Metern und bis maximal einer Höhe von 150 Metern geflogen werden dürfen. Am 1. Jänner 2014 tritt eine Novelle des Luftfahrtgesetzes in Kraft, in welcher das geregelt wird. „Nach derzeitigem Stand sieht es so aus, dass zum Beispiel die Katastrophenschutzbehörde jedes Mal eine neue Einzelgenehmigung einholen muss. Das wird irgendwann nicht mehr praktikabel sein“, glaubt Fortner.

3 Muss ich als Privatperson eine Genehmigung einholen? Bei Flügen mit Sichtkontakt nicht. Lukas Andracher von der FH Joanneum Graz, Bereich Luftfahrt, sieht hier allerdings einen Graubereich: „Wenn jemand nur zum Selbstzweck des Fliegens, also zum Spaß, eine Drohne benutzt, gibt es kein Problem. Wenn ein Fotoapparat montiert wird und Fotos geschossen werden, ist es schon nicht mehr so eindeutig.“ Ein Fotograf etwa, der die Fotos gewerblich nutzen will, braucht eine Genehmigung.

Als Privatperson müsse man zudem immer den Datenschutz im Auge behalten, gibt Andracher zu bedenken: „Die Privatsphäre ist gesetzlich verankert und darf auch durch die Drohne nicht beeinträchtigt werden.“ Vorsicht also bei Überflügen von fremden Gärten, weil man hier schnell in einen strafrechtlich relevanten Bereich eindringt.

4 Wer haftet, wenn eine Drohne abstürzt und Schäden verursacht? Wird etwas beschädigt oder gar eine Person verletzt, haftet im Grunde der Führer der Drohne. In der Novelle ab 1. Jänner soll auch die Versicherungsfrage geklärt werden. „Doch welche Versicherung würde das im Moment schon übernehmen?“, fragt sich Fortner.

TT-ePaper jetzt 1 Monat um € 1,- lesen

Die Zeitung jederzeit digital abrufen, bereits ab 23 Uhr des Vortags.

5 Welche Einsatzgebiete sind in Zukunft realistisch? Andracher und Fortner sehen trotz der Hürden vielfältige Einsatzgebiete, etwa „bei Naturraumüberwachung, bei Demonstrationen oder Sportgroßveranstaltungen“, meint Andracher. Und bei Lawineneinsätzen, Waldbränden oder Unfällen wie Fukushima, ergänzt Fortner, der die Einsatzmöglichkeiten so zusammenfasst: „Überall dort, wo es für Menschen gefährlich wird, kann eine Drohne helfen.“

Verwandte Themen