Armut

Rund 1,2 Millionen Österreicher sind armutsgefährdet

Neue, genauere Erhebungsmethoden weisen auf eine etwas höhere Zahl der Betroffenen hin.

Wien – Rund 1,2 Millionen Österreicher (14,4 Prozent) waren im Jahr 2012 armutsgefährdet. Das geht aus den Zahlen der SILC-Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen hervor, die am Dienstag von der Statistik Austria veröffentlicht wurden. Insgesamt sind rund 1,5 Mio. armuts- oder ausgrenzungsgefährdet (18,5 Prozent). Aufgrund noch genauerer Daten als bisher ging die Zahl der Betroffenen etwas nach oben.

Als armutsgefährdet gelten laut Definition jene Haushalte, deren Nettohaushaltseinkommen weniger als 60 Prozent des Medians aller Einkommen liegt (unter Berücksichtigung der Haushaltsgröße; inkl. Kinder). Schwellenwert für die Gefährdung war in Österreich 2012 ein Betrag von 1.090 Euro pro Monat für Alleinlebende, plus 327 Monat pro Monat für jedes Kind unter 14 Jahren und 545 Euro für jeden zusätzlichen Erwachsenen.

Als armuts- oder ausgrenzungsgefährdet gilt ein Haushalt dann, wenn er von mindestens einer der drei definierten Gefährdungslagen betroffen ist. Zu diesen zählt laut der sogenannten Europa-2020-Definition neben der Armutsgefährdung die „erhebliche materielle Deprivation“, wovon 4 Prozent oder 335.000 Personen betroffen waren. Darunter versteht man all jene Personen, die sich gewisse Ausgaben nicht leisten können, wie etwa jeden zweiten Tag Fleisch oder Fisch zu essen (22 Prozent der Gesamtbevölkerung), unterwartete Ausgaben zu tätigen (22 Prozent) oder Urlaub zu machen (20 Prozent).

Weiters fällt unter diese Kategorie, sich einen Pkw nicht leisten zu können oder Probleme mit rechtzeitiger Erledigung von Zahlungen zu haben (je 6 Prozent). Aber auch Heizen (3 Prozent), der Besitz eines TV-Gerätes (1 Prozent), eines Telefons oder einer Waschmaschine (unter 1 Prozent) fällt darunter. Treffen mindestens vier dieser Merkmale zu, so gilt der Haushalt als materiell depriviert.

Als dritte Kategorie definiert die EU Personen in (nahezu) erwerbslosen Haushalten. Als solche gelten jene, die maximal 20 Prozent ihres Erwerbspotenzials ausschöpfen. 2012 fielen in diese Gruppe 490.000 Personen bzw. 7,6 Prozent. Fünf Prozent (411.000 Personen) waren von zwei oder mehr dieser drei Merkmale betroffen.

Ein-Eltern-Haushalte stark betroffen

Besonders betroffen sind laut der Erhebung Personen in Ein-Eltern-Haushalten (39 Prozent armuts- oder ausgrenzungsgefährdet). Ebenso tragen auch allein lebende Frauen ohne Pensionsbezug ein erhöhtes Risiko, sowie Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft (je ein Drittel).

Im EU-Vergleich zeigt sich ein für Österreich positives Bild. 2012 waren laut der SILC-Erhebung innerhalb der EU 124,5 Mio. Menschen bzw. 24,8 Prozent der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Mit jenen 18,5 Prozent liegt Österreich deutlich unter dem EU-Schnitt. Die niedrigste Quote für Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung weisen die Niederlande mit 15 Prozent und Tschechien mit 15,4 Prozent auf, die höchste Bulgarien (49,3 Prozent).

Zur Erhebung wurden aufgrund einer EU-Verordnung erstmals Verwaltungsdaten zur (Teil-)Berechnung des Haushaltseinkommens herangezogen. Dies ermöglichte eine detailliertere Datenerfassung. Der Grund: Bei Befragungen (die bisher als ausschließliche Erhebungsinstrumente verwendet wurden) tendieren Personen mit geringerem Einkommen zum Aufrunden, Personen mit höheren Einkommen geben hingegen tendenziell eher weniger an als sie tatsächlich einnehmen, erklärte Statistik-Austria-Generaldirektor Konrad Pesendorfer gegenüber der APA.

Resultat dieser Neu-Berechnungen ist, dass die Zahl der Armutsgefährdeten etwas nach oben korrigiert werden muss. 2011 fielen damit anstelle von 12,6 Prozent nun 14,5 Prozent in diese Kategorie. Die Daten wurden für die Jahre bis 2008 rückgeschätzt; damit ist die Zahl der Armutsgefährdeten durchwegs um ein bis zwei Prozentpunkte höher anzusetzen, als zuvor, als die Statistik ausschließlich auf Basis von Befragungsdaten ermittelt wurde. Im Jahresvergleich der revidierten Zahlen hat sich gegenüber 2011 praktisch keine Veränderung ergeben. (APA)

Verwandte Themen