Gesellschaft

Paul macht Kematen den Hof

Am landwirtschaftlichen Lehrbetrieb in Kematen absolviert Paul Stark im Rahmen des Projekts „Mittendrin“ ein Langzeitpraktikum. Seine Behinderung ist kein Hindernis.

Von Katharina Zierl

Kematen, Innsbruck –Paul ist aufgeregt. Lächelt schüchtern. Hält sich an der Schaufel fest. Seit September dieses Jahres absolviert der 17-Jährige im landwirtschaftlichen Lehrbetrieb der HLFS (Höhere land- und forstwirtschaftliche Schule) Kematen ein Langzeitpraktikum. „Er ist schon ein fixer Bestandteil unseres Teams. Paul wird von Tag zu Tag lockerer, es funktioniert immer besser“, sagt HLFS-Mitarbeiter Gustav Hacket und strahlt den 17-Jährigen an.

Paul Stark lebt mit einer schweren Beeinträchtigung. Er kommuniziert mit einem Sprachcomputer und benötigt für viele Aktivitäten des täglichen Lebens Unterstützung. Will er sich mitteilen, drückt er auf bebilderte Felder auf seinem Computer, der dann das jeweilige Wort abspielt. Bei seiner täglichen Arbeit ist seine Beeinträchtigung meist kein Thema. Er bekommt die Zeit, die er braucht, um sich auf neue Aufgaben einzustellen. „Paul ist super integriert. Man merkt richtig, wie er aufblüht. Für manche Dinge braucht er länger, andere klappen dafür sofort“, erzählt Stephanie Micheler, die den Jugendlichen bei seinen Tätigkeiten unterstützt. Erst vor Kurzem erlebte Paul die Geburt eines Kalbes mit. „Das war aufregend. Seine Augen haben gestrahlt“, sagt Micheler.

Möglich macht dieses Praktikum „Mittendrin“ ein Pilotprojekt des Landes Tirol. Ziel der Initiative ist es, für Jugendliche mit Behinderungen alternativ zu bestehenden Angeboten in Werkstätten Arbeitsplätze zu finden. „Zunächst sammeln Menschen, die dem Betroffenen nahestehen, Ideen und überlegen, welche Tätigkeiten passen könnten. In Pauls Fall war schnell klar, dass er die Arbeit mit Tieren liebt und sich gern draußen bewegt“, sagt Barbara Kraxner von Arbas (Arbeitsassistenz).

Paul selbst bewegt sich ganz selbstverständlich im Stall, lacht ausgelassen, zeigt auf die Kühe, hat keinerlei Berührungsängste. Das freut auch seine Mutter: „Er ist viel selbstbewusster geworden, seitdem er hier beschäftigt ist. Er wollte immer schon etwas Sinnvolles machen. Und die körperliche Arbeit tut ihm auch sehr gut“, erzählt Claudia Stark. 20 Stunden arbeitet Paul pro Woche. Das Tempo variiert. „Darum soll es eben nicht gehen. Er soll sich ausprobieren dürfen. Schauen, was ihm liegt und was nicht. Die Leistung darf nicht das Einzige sein, was zählt“, betont Kraxner.

Tirols Soziallandesrätin Christine Baur, die sich beim Besuch in Kematen ebenfalls von Pauls Engagement begeistert zeigt, will derartige Initiativen forcieren: „Dieses Pilotprojekt zeigt, was möglich ist. Ich kann ja verstehen, dass es gewisse Vorbehalte gibt – auf beiden Seiten. Aber Betriebe, die sich dafür entscheiden, Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen, sind nachher immer begeistert, wie gut das funktioniert.“ Das Projekt „Mittendrin“ soll nach der Pilotphase und einer Evaluierung als reguläres Modell in das Angebot der Behindertenhilfe des Landes übernommen werden. „Es spricht kein haltbares Argument gegen eine Beschäftigung von Menschen mit Beeinträchtigung“, betont die Soziallandesrätin.

Wie lange Paul im landwirtschaftlichen Betrieb arbeiten soll, ist noch nicht festgelegt. „Auf jeden Fall bekommt er durch Praktika wie dieses mehr Selbstbewusstsein und nähert sich einer Integration im Arbeitsmarkt“, betont Kraxner.

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