Steiermark

Anhaltezentrum Vordernberg: Von der Kuschel- bis zur Gummizelle

Am Mittwoch wurde das umstrittene Anhaltezentrum Vordernberg in der Steiermark der Öffentlichkeit vorgestellt. Betrieben wird es von Exekutivbeamten in Kooperation mit einem privaten Sicherheitsdienst.

Vordernberg - Kugelgarn-Boden, bunte Sessel, viel Glas und Holz: Die laut Polizei derzeit „weltweit modernste Schubhaftanstalt“ im obersteirischen Vordernberg hat am Mittwoch einen Blick hinter die Kulissen des neuen Anhaltezentrums gewährt. Die Schlüssel wurden nur Stunden zuvor offiziell übergeben. Betrieben wird der Komplex von 55 Exekutivbeamten in Kooperation mit 68 privaten Security von G4S.

Für 200 bis 220 „Angehaltene“ ist die Anstalt ausgelegt und zwar solche, die sich illegal in Österreich aufhalten, weil etwa ihre Asylantrag abgelehnt wurde und sie für die „freiwillige“ Rückführung vorbereitet werden. „Die Polizei hat das Sagen“, stellte Anstaltsleiter Oberst Herwig Rath klar. Die Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirma G4S gelten per Erlass als so genannte Verwaltungshelfer. Die Exekutivbeamten überwachen, während die mit knapp 260 Stunden extra geschulten Security-Mitarbeiter die Insassen betreuen, zum Beispiel beim Sport oder den Wegen in die Bibliothek, den Gebetsraum oder den Gymnastikraum.

Komme es zu Zwischenfällen, greifen die Polizisten ein und bringen beispielsweise Randalierer von den relativ offen gehaltenen Wohnungsgruppen in Sicherheitsräume oder gar in die grün gehaltene, völlig leere „Gummizelle“. Wer sich nicht benimmt oder gegen die Abschiebung protestiert, wird in ein Polizeianhaltezentrum überstellt, wo auch kriminelle „Abzuschiebende“ einsitzen.

In Vordernberg seien nur die „Braven“, die sich mehr oder weniger freiwillig wieder in die Heimat überstellen lassen. Sie genießen diverse Vorzüge, beispielsweise den so genannten Einzelbesuchsraum, kurz „Kuschelzelle“, wo sich nicht verheiratete Pärchen treffen dürfen. Die Vorhänge werden zugezogen, Bett gibt es aber keines, nur zwei grüne Stühle.

Der Tagesablauf werde in Zusammenarbeit mit den G4S-Leuten von der Polizei festgelegt, die auch die Weisungsbefugnis habe. Die Strukturen im Gebäudekomplex seien den Empfehlungen der Menschenrechtsgremien angepasst, denn es handle sich schließlich nicht um Häftlinge. Der offene Vollzug sei der humanitäre Weg für Menschen, die sich illegal in Österreich aufhalten und vor ihrer Abschiebung stehen, betonen die Betreiber. Es ist und bleibe jedoch eine Schubhaft.

Ab 7. Jänner sollen die Exekutive und G4S das Szenarientraining im Zentrum beginnen, ab 20. Jänner werden die ersten Insassen erwartet. Laut Albert Grasel vom Innenministerium befinden sich derzeit rund 100 Personen in Österreich in Schubhaft, eine komplette Auslastung sei deshalb aktuell nicht zu erwarten. Zwei bis sechs Wochen sollen sich die angehaltenen Personen im Schnitt in Vordernberg aufhalten. (APA)

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