Mordprozess

Pistorius beruft sich im Kreuzverhör auf Gedächtnislücken

Ruhig aber erschöpft wirkte Oscar Pistorius (Mitte), als er am Montag vor Gericht erschien.
© EPA/KIM LUDBROOK

Staatsanwalt Nel nahm den Angeklagten den vierten Tag in die Mangel. Am Freitag hatte sich Pistorius in Widersprüche verwickelt, nun antwortete er mehrfach, er könne sich nicht erinnern.

Pretoria - Der südafrikanische Paralympics-Star Oscar Pistorius hat sich am vierten Tag des Kreuzverhörs aus Sicht des Staatsanwalts wieder in Widersprüche verwickelt. Pistorius ändere seine Verteidigungslinie, beschuldigte Ankläger Gerrie Nel den 27-jährigen, der des vorsätzlichen Mordes an seiner Freundin Reeva Steenkamp angeklagt ist.

„Sie plädieren nicht mehr auf Selbstverteidigung. Sie sagen, sie wüssten nicht, warum sie geschossen haben“, sagte Nel. Er habe damals keine Zeit zum Nachdenken gehabt, sagte Pistorius. „Ich habe nicht auf Reeva geschossen.“ Pistorius hatte während der Befragung wiederholt Gedächtnislücken geltend gemacht. Auf die Fragen von Nel, der auf Widersprüche in den Aussagen des Athleten verwies, antwortete Pistorius am Montag mehrfach mit den Worten, er könne sich „nicht erinnern“ oder sei sich „nicht sicher“. Er verstehe die Fragen nicht, betonte der Athlet, der sein Gesicht in den Händen vergrub und laut schluchzte.

Pistorius‘ Version der Geschehnisse sei völlig unplausibel, betonte Nel. Der behinderte Profisportler hatte in der Nacht zum Valentinstag im Februar 2013 in seinem Haus seine damals 29 Jahre alte Freundin erschossen. Der 27-Jährige beteuert, er habe hinter der verschlossenen Toilettentür einen Einbrecher vermutet.

Pistorius habe laut dieser Version der Geschehnisse unverantwortlich gehandelt, sagte der Staatsanwalt. „Es hätte ein Kind sein können. Oder ein unbewaffneter Einbrecher. Aber sie haben ihnen keine Chance gegeben. Sie haben einfach gefeuert.“ Ein vernünftiger Mensch hätte eine Warnung gerufen oder einen Warnschuss abgefeuert, meinte Nel. Pistorius sagte, er mache sich für „den Unfall“ verantwortlich. „Ich gebe mir die Schuld daran, dass ich Reeva das Leben genommen habe.“

Pistorius wirkte am Montag im Prozess ruhig, aber erschöpft. Sein Gesicht war aschfahl. Auf die Frage des Staatsanwalts, warum es in der Nähe des Betts Blutspritzer gab, obwohl seine Freundin im Bad gestorben sei, antwortete Pistorius, er könne dem nicht folgen. Schon am Freitag hatte sich der Athlet in Widersprüche verwickelt. Er gab zu, dass er seit der Tat unterschiedlich über Details wie das Ausschalten der Alarmanlage ausgesagt habe.

Nach dem Ende des Verhandlungstags verließ Pistorius rasch den Gerichtssaal in Pretoria, schrieb aber draußen ein paar Autogramme für wartende Fans. (APA/dpa)

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