Bergbahnstudie

Zusammenschluss Schlick/Lizum: Offensiv über die Kalkkögel drüber

Die Zukunft der Bergbahnen um Innsbruck liege im Zusammenschluss mit dem Stubaital: Die Bergbahnenstudie empfiehlt – wie erwartet – die große Regionslösung (rd. 120 Mio. €) und somit eine Überquerung des Ruhegebiets.

Von Manfred Mitterwachauer

Innsbruck – An einer großen, offensiven Lösung führe wirtschaftlich kein Weg vorbei. Und das hieße: Sanierung der Patscherkofelbahnen inklusive Erneuerung der Pendelbahn, Zusammenschluss von Muttereralmbahn und Axamer Lizum und der „Brückenschlag“ von der Lizum über die Kalkkögel ins Stubaier Skigebiet der Schlick 2000. Darin waren sich bei der gestrigen Präsentation des Abschlussberichts der Bergbahnenstudie Autor Roland Zegg (grischconsulta), TVB-Obmann Karl Gostner und Innsbrucks Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer einig.

„Ski Innsbruck Stubai“

Wie bereits von der TT im Vorfeld berichtet, kommt grischconsulta eindeutig zu dem Schluss, dass einzig die Variante „Ski Innsbruck Stubai“ (siehe Faktbox) auf lange Sicht betriebswirtschaftlich Sinn mache. Nicht nur, dass damit ein attraktives Großraumskigebiet von 84 Pistenkilometern geschaffen werden könnte. Auch träfe man im Stubai infrastrukturell auf das, was dem Mittelgebirge noch fehle: Betten. Zegg rechnet vor, dass dieser Zusammenschluss in der Lage sei, die Nächtigungen im Stubaital um 66.000 und im TVB Innsbruck und seinen Feriendörfern um 25.000 zu erhöhen und die Anzahl der so genannten Ersteintritte an den Liftanlagen um 38 Prozent zu steigern. Und auch der Tagesskiticketpreis könnte in der Folge auf 42 Euro angehoben werden. Derzeit, so die Kritik, würden einzelne Karten eher „verschleudert“. In Summe müssten für die favorisierte Zukunftsvariante an die 120 Millionen Euro in die Hand genommen werden. Allein 82 Millionen Euro davon würde auf der Innsbrucker Seite der Kalkkögel anfallen, so die Prognose. Das erwartete Minus halte sich mit 0,7 Mio. € pro Jahr in Grenzen und könne bestenfalls sogar unter gewissen Voraussetzungen in ein Plus verwandelt werden. Zentral ist für grischconsulta, dass ausschließlich die Großraumvariante interessant für private Investoren und Betreiber sei. Und Zegg sagt noch eines: „Unternehmerisch macht es wenig Sinn, die kleine Verbindung zu bauen, die große aber nicht.“ Von den beiden anderen Varianten, also „Inns’re Berge“ und „Ski Innsbruck“, rät Zegg TVB und Stadt, besser die Hände zu lassen.

Beteiligung der öffentlichen Hand

Alle drei Varianten, so Zegg, seien aber nur mit einer Beteiligung der öffentlichen Hand zu realisieren. Egal welche, die Entscheidung müsse rasch fallen, sagt Zegg. Derweil sollten, so der Ratschlag, die angedachte Holding zwischen Muttereralm, Lizum und Kofel angegangen und die bestehenden Bahnen spezialisiert werden. Für den Patscherkofel heißt das laut Zegg: „Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist ein voller Skibetrieb am Patscherkofel nicht empfehlenswert.“ Würde dies doch zusätzliche Netto-Investitionen von 6,5 Mio. € und einen um 800.000 Euro erhöhten Jahresabgang bedeuten. Erst im Zuge des Patscherkofelbahnen-Ankaufs hatte sich Oppitz-Plörer aber vorerst für den Erhalt des Skivollbetriebs ausgesprochen. Der Gemeinderat berät kommende Woche in einer Sondersitzung darüber. Zegg hingegen empfiehlt erneut den Abbau der oberen Skiliftsektionen und – zusammen mit dem Glungezer – die Fokussierung auf den Sommer. Im Winter müsse der Kofel als Berg für Freerider, Winterwandern und Skitouren ohne Pistenpräparierung ausgerichtet werden.

Der Realisierung der großen Lösung steht aber naturschutzrechtlich noch das Ruhegebiet der Kalkkögel im Weg. Rechtlich führt da vorerst kein Weg drüber. Oppitz-Plörer und Gostner setzen daher auf Meinungsbildung, auch Lobbying genannt. Bei der Wirtschaftskammer, dem MCI, der Uni. Und auch beim Land habe man schon um einen Präsentationstermin angesucht. „Es hat ja keiner gesagt, dass es definitiv nicht möglich ist, sondern nur derzeit nicht“, sagt Gostner zur Kalkkögel-Debatte. Grüne und Alpenverein kämpfen vehement dagegen. Auch wolle Gostner Brückenschlag-Skeptiker und Gletscher-Pionier Heinrich Klier „ins Boot holen“. Das Stubaital und Innsbruck dürften jedenfalls nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Auch Oppitz-Plörer ist von der (politischen) Machbarkeit des Projekts im Ruhegebiet überzeugt: „Es geht um eine einzige Liftstütze. Die kann ich noch in fünfzig Jahren wieder wegtun. Dafür braucht es nur einen Hubschrauber.“

Bergbahnstudie: Die Varianten

Zur Studie „Investitionsstrategie und Masterplan Bergbahnen Innsbruck“ (pdf): http://go.tt.com/1hP4vmA

Variante 1: Inns’re Berge – ohne Verbindung Axamer Lizum - Muttereralm

Falls von den heutigen Gesellschaftern kein Bekenntnis und keine verbindliche Zusage zu den dringenden Erneuerungsinvestitionen im eigenen Gebiet gemacht werden kann, ist aufgrund des Risikos sehr hohe Defizite zu erwirtschaften, der Bau der Verbindung Axamer Lizum – Muttereralm aus Sicht der Experten nicht zu empfehlen.

In diesem Falle würden die Skigebiete Axamer Lizum und Muttereralm als kleine, rasch erreichbare, stadtnahe Skigebiete im Winter und als Ausflugsgebiete und Naturerlebnis im Sommer positioniert werden und erhalten bleiben.

Bei dieser Variante würde das Netto-Investitionsvolumen 49 Millionen Euro betragen. Das voraussichtliche Defizit würde sich auf 2 Mio. Euro pro Jahr belaufen.

Variante 2: Ski Innsbruck – Verbindung zwischen Muttereralm und Axamer Lizum

Der Bau der kleinen Verbindung und deren Finanzierung mit Hilfe öffentlicher Mittel wäre laut der Studie von grischconsulta, nur dann zu empfehlen, wenn die beiden Unternehmungen in der Axamer Lizum und auf der Mutterer Alm verbindlich zusichern können, dass sie auch die dringenden Erneuerungsinvestitionen in den eigenen Gebieten garantieren.

Durch die Realisierung der kleinen Verbindung mit in Summe 55 Pistenkilometern und einem Netto-Investitionsvolumen von 68 Mio. Euro würde ein Angebot geschaffen, das vor allem Tagesgäste aus dem süddeutschen Raum aber auch verstärkt wieder Einheimische anspreche.

Durch die kleine Verbindung und den Ausbau des Sommers einerseits und durch den Ausstieg aus dem klassischen Skitourismus im Raum Patscherkofel – Glungezer andererseits könnte der Cashflow für eine konsolidierte Unternehmung aus Axamer Lizum, Muttereralm und Patscherkofel von einem heute leicht negativen Cashflow (- 0,1 Mio. Euro) auf ca. 2,5 Mio. Euro (ohne Zuschüsse) gesteigert werden. Die Steigerung beim Umsatz ließe sich auf den Mehrumsatz durch das Verbindungsprojekt im Winter und einem Mehrumsatz durch die Realisierung von Erlebnis- und Inszenierungsprojekten im Sommer und ganzjährig erzielen.

Bedingt durch die notwendigen Investitionen würden aber auch die Abschreibungen stark ansteigen und sich damit ein Verlust für die konsolidierte Unternehmung aus Axamer Lizum, Muttereralm und Patscherkofel ergeben. Das jährliche Defizit würde sich nach den Berechnungen der Experten in diesem Szenario auf rund 3 Mio. Euro (im 10. Betriebsjahr) erhöhen.

Darüber hinaus wird von den Experten von grischconsulta die Realisierung der direkten Anbindung des Skigebietes und Sommer-Ausflugsdestination Muttereralm an das öffentliche Nahverkehrssystem in Mutters dringend empfohlen. Hierzu sollte eine neue Haltestelle der Stubaitalbahn in der Nähe der Talstation Muttereralm gebaut werden. So könnte ein komfortabler „Muttereralm-Shuttle“ direkt von der Stadt aus angeboten werden.

Variante 3: Ski Innsbruck – Stubai

Die Analyse von grischconsulta kommt zum Schluss, dass mit der Realisierung von kleiner (Muttereralm - Axamer Lizum) und großer Verbindung (Axamer Lizum – Schlick 2000) ein wettbewerbsfähiges Angebot für Aufenthalts- und Tagesgäste entstünde. „Der offensive Weg mit einem stadtnahen Großraumskigebiet könnte die notwendigen höheren Erträge und Ersteintritte generieren, die essentiell sind für den betriebswirtschaftlich nachhaltigen Betrieb“, erklärt Zegg. Die Verbindung würde nicht nur ein Naturjuwel für viele Menschen erlebbar machen, der Zusammenschluss verbinde auch die rund 11.500 Betten und 825.000 Winternächtigungen (Dez. bis März) im Stubaital über die Skigebiete Schlick 2000, Axamer Lizum und Mutterer Alm mit dem Einzugsgebiet der Stadt Innsbruck und umgekehrt. Die Variante Ski Innsbruck – Stubai würde (inkl. dem Anteil an der großen Verbindung) eine Netto-Investition von ca. 82 Mio. Euro auslösen, wobei das konsolidierte jährliche Defizit der Gesellschaften Axamer Lizum, Mutterer Alm und Patscherkofel auf ca. 0.7 Mio. Euro abgesenkt werden könnte. Davon entfällt ca. 0.5 Mio. EUR auf den Betrieb am Patscherkofel.

Schlussfolgerung

Im Umkehrschluss kommt grischconsulta mit Blick auf die beiden verbleibenden Varianten zur Erkenntnis: „Falls die offensive ‚Große Verbindung‘ nicht verwirklicht werden kann, empfiehlt sich ein auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Zielgruppen reduzierter Anlagenpark bei den Bergbahnen rund um das Gebiet Innsbruck.

Bei den Varianten 1 (mit) und 2 (ohne ,kleine Verbindung‘ Muttereralm - Axamer Lizum) ist der Betrieb einer konsolidierten Gesellschaft aus Axamer Lizum, Muttereralm und Patscherkofel nicht selbsttragend bzw. kann die Refinanzierungsquote von 100% bei weitem nicht erreicht werden.“ Investitionen in die Bergbahnen seien in diesem Fall aus unternehmerischer und betriebswirtschaftlicher Sicht nicht empfehlenswert weil bei diesen Lösungen deutlich höhere laufende Kosten für die öffentliche Hand entstehen würden, so die Experten von grischconsulta weiter.

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