Indien

Null Toleranz bei Gewalt gegen Frauen, doch Politiker mit Verfehlungen

Indiens Frauen fordern ihre Rechte ein. Immer öfter werden Vergewaltigungsfälle in Indien angezeigt. Doch einige Politiker verharmlosen zum Teil die Gewalt gegen Frauen.
© EPA/PIYAL ADHIKARY

Die Regierung gibt eine „Null-Toleranz-Politik bei Gewalt gegen Frauen“ aus. Doch einige Regierungspolitiker bagatellisieren die Vergewaltigungsfälle.

Neu Delhi - Die neue indische Regierung will verstärkt gegen sexuelle Gewalt vorgehen. Es gebe eine „Null-Toleranz-Politik bei Gewalt gegen Frauen“, sagte Präsident Pranab Mukherjee am Montag im Parlament in einer Rede, die von der Regierung vorbereitet wurde.

Die grassierende sexuelle Gewalt in Indien war in den vergangenen Monaten breit diskutiert worden und hatte auch international hohe Wellen geschlagen. In den Landes- und Bundesparlamenten soll ein Drittel der Sitze für Frauen reserviert werden. Dieses Gesetzesvorhaben steckt seit Jahren fest. Mit einer riesigen Kampagne will die Regierung gegen die gezielte Abtreibung weiblicher Föten vorgehen.

Innenminister: Vergewaltigungen passieren „versehentlich“

Trotz des Bemühens der indischen Regierung leisten sich einige Politiker verbale Fehltritte. Zum zweiten Mal binnen weniger Tage hat ein Parteifreund des indischen Premierministers Narendra Modi die Vergewaltigung von Frauen in seinem Land bagatellisiert. „Solche Dinge passieren nicht absichtlich. So etwas geschieht versehentlich“, sagte der Innenminister des Bundesstaats Chhattisgarh, Ramsevak Paikra, am Samstagabend vor Journalisten.

Später versuchte der für Recht und Ordnung zuständige Politiker aus Modis Bharatiya-Janata-Partei (BJP) noch, seine Entgleisung mit dem Hinweis zu relativieren, er sei falsch zitiert worden. Mehrere Fernsehsender strahlten die Bemerkungen jedoch im Original aus.

Erst am Donnerstag hatte der ebenfalls der BJP angehörende Innenminister des Bundesstaats Madhya Pradesh, Babulal Gaur, die sexuelle Gewalt gegen Frauen in Indien drastisch verharmlost und sogar ansatzweise verteidigt. Vergewaltigung sei „ein soziales Verbrechen, das von Männern und Frauen abhängt“, sagte Gaur. „Manchmal ist es richtig, manchmal ist es falsch.“ Jedenfalls könne ermittlungstechnisch „nichts getan werden, solange es keine Anzeige gibt“. Die BJP-Führung distanzierte sich daraufhin von Gaur. Dessen Ansichten würden nicht die der Partei repräsentieren, hieß es.

Erneut zwei Mädchen vergewaltigt

Im Norden Indiens sind indes erneut zwei Mädchen Opfer einer Gruppenvergewaltigung geworden. Wie die Polizei am Samstag mitteilte, ereignete sich die Tat im nördlichen Bundesstaat Uttar Pradesh. Dort waren vor knapp einer Woche zwei Minderjährige von mehreren Männern vergewaltigt und erhängt worden.

Am Donnerstag seien nun zwei 13 und 15 Jahre alte Schwestern von drei Männern entführt und in einem Waldgebiet vergewaltigt worden, teilte die Polizei mit. Eine ärztliche Untersuchung habe die Gewalttat bestätigt. Die drei Männer wurden festgenommen.

Alle 22 Minuten eine Vergewaltigung

In Indien war die gesellschaftliche Entrüstung über sexuelle Gewalt gegen Frauen zuletzt deutlich gewachsen, nachdem mehrere besonders brutale Fälle an die Öffentlichkeit gelangt waren. Im Dezember 2012 hatte die tödliche Gruppenvergewaltigung einer jungen Studentin in Neu Delhi Massenproteste gegen die alltägliche Gewalt gegen Frauen ausgelöst. Seitdem wurden die Strafen für Vergewaltiger zwar verschärft - auf Vergewaltigung bei Todesfolge steht nun beispielsweise die Todesstrafe. Frauenrechtsaktivisten zufolge werden Sexualverbrechen jedoch in vielen Fällen bis heute nicht ernsthaft geahndet.

Nach Angaben der Regierung wird in Indien alle 22 Minuten eine Frau vergewaltigt. Aktivisten gehen aber von einer weitaus höheren Dunkelziffer aus, da die Opfer sexueller Gewalt häufig sozial geächtet werden. (dpa)