Ägyptens neuer Präsident erinnert Gegner schon jetzt an Mubarak
Kairo (APA/AFP) - Seine Vereidigungsformel konnte Abdel Fattah al-Sisi ganz in Ruhe einüben. Zwei Wochen schon liegt sein Sieg bei den Präsi...
Kairo (APA/AFP) - Seine Vereidigungsformel konnte Abdel Fattah al-Sisi ganz in Ruhe einüben. Zwei Wochen schon liegt sein Sieg bei den Präsidentschaftswahlen in Ägypten zurück, als er sich am Sonntag das höchste Amt im Staate übertragen lässt. Und einen nennenswerten Wahlkampf musste er angesichts der zersplitterten und fast vollständig ausgeschalteten Opposition gar nicht erst führen.
Auch so fuhr der frühere Armeechef bei den Wahlen offiziell mehr als 96 Prozent ein. Seine harte Hand gegen Widersacher allerdings lässt einen Rückfall Ägyptens in die Zeit rücksichtsloser Autokratie befürchten.
Nur wenige hätten nach dem Sturz des jahrzehntelangen Herrschers Hosni Mubarak im Jahr 2011 gedacht, „dass sich drei Jahre später ein Feldmarschall mit Sonnenbrille mit 96 Prozent zum Präsidenten wählen lässt“, sagte der Nahostexperte Karim Bitar vom Pariser Forschungsinstitut Iris dazu. „Und das, ohne ein Programm zu präsentieren oder einen Wahlkampf zu führen.“ Doch genauso ist es gekommen.
Wenn überhaupt, zeigte sich Al-Sisi den Ägyptern in den vergangenen Wochen in TV-Interviews, meist lächelnd, in gut sitzenden Anzügen. Die Wandlung vom strengen General zum zivilen Volksvertreter ohne Uniform vollzog der Präsidentschaftskandidat öffentlichkeitswirksam. Sein Konterfei, das überall in Ägypten an Mauern, in Geschäften und Behörden hängt, zeigte ihn alsbald mit Krawatte statt Militärabzeichen.
Er wolle das Land zu Stabilität und Wohlstand zurückführen, sagte Al-Sisi. Viel mehr hatte er an politischen Zukunftsplänen nicht zu bieten. Doch seine Anhänger sehen Al-Sisi eben genau als das - einen Garanten für Stabilität und Frieden nach jahrelangen politischen Unruhen. Schon vor der Wahl galt der 59-Jährige als mächtigster Mann im Staat, mit der Vereidigung hat er diese Machtposition nun zementiert.
Ausgerechnet unter dem Islamisten Mohammed Mursi zum Armeechef und Verteidigungsminister aufgestiegen, war er es schließlich, der die Fäden bei der Entmachtung des ersten frei gewählten Staatschefs Ägyptens im Juli 2013 zog. Seitdem wuchs Al-Sisis Popularität stetig.
Der gebürtige Kairoer ist ein frommer Muslim, der fünf Mal täglich betet und dessen Frau Kopftuch trägt. Sein Umfeld beschreibt ihn als detailversessen, als jemanden, der Hindernisse akribisch einkalkuliert und so umgeht. Dabei tritt er zurückhaltend und freundlich auf, wenngleich sein Lächeln mitunter zur Maske gefriert.
Es sind Interview-Sätze wie diese, die seine Gegner aufschrecken: Die „nationale Sicherheit“ sei wichtiger als demokratische Freiheiten, und Ägypten werde wohl erst in „20 bis 25 Jahren eine wahre Demokratie“ sein. Die von Al-Sisi brutal unterdrückte Muslimbruderschaft und andere Kritiker beklagen schon jetzt eine schlimmere Menschenrechtslage als unter Mubarak - und den hatte das Volk immerhin nach 30 Jahren autokratischer Regentschaft aus dem Amt gejagt.
Al-Sisis hartes Durchgreifen in den vergangenen elf Monaten macht deutlich, dass er keinen Widerspruch duldet. Die Sicherheitskräfte der von ihm eingesetzten Übergangsregierung töteten binnen eines Jahres mehr als 1400 Mursi-Anhänger, zahllose weitere wurden verhaftet. Die Muslimbruderschaft ist inzwischen wieder verboten, ihre Führungsriege sitzt im Gefängnis. In Schauprozessen verhängte die Justiz kürzlich hunderte Todesurteile gegen Mursis Anhänger. Mit dieser Unterdrückung der Muslimbrüder steht Al-Sisi ganz in der Tradition Mubaraks und des charismatischen Ex-Präsidenten Gamal Abdel Nasser, der Ägypten von 1954 bis 1970 regierte.
Der Karriereoffizier Al-Sisi, der in jungen Jahren die Militärakademie seines Landes absolvierte und sich in Großbritannien und den USA weiterbildete, muss nun ein zerrüttetes Land zusammenhalten und befrieden. Die Islamisten dürften ihren Protest auf den Straßen fortsetzen, außerdem greifen auf dem Sinai und in den Großstädten zunehmend Jihadisten die ihnen verhasste Polizei, Armee und Behörden an. Den Spross des ägyptischen Militärs erwarten also schwierige Aufgaben, die sich mit Waffengewalt allein nicht lösen lassen.
(Feiertagswiederholung)