Seit fünf Jahren kein Lebenszeichen von deutschen Jemen-Geiseln
Sanaa (APA/dpa) - Fünf Jahre ist es her, dass eine fünfköpfige deutsche Familie im Jemen verschwand. Sabine und Johannes Hentschel waren 200...
Sanaa (APA/dpa) - Fünf Jahre ist es her, dass eine fünfköpfige deutsche Familie im Jemen verschwand. Sabine und Johannes Hentschel waren 2009 mit ihren drei Kindern auf dem Rückweg von einem Ausflug, als sie in die Gewalt von Geiselnehmern gerieten. Die Töchter Anna und Lydia kamen im Mai 2010 frei. Von den bei der Entführung 36 Jahre alten Eltern und ihrem damals knapp einjährigen Sohn fehlt bis heute Spur.
„Die kommen nicht mehr wieder“, fürchtet Reinhard Pötschke, Schwager des vermissten Vaters. „Es gibt seit vier Jahren keine neuen Erkenntnisse.“ Die Hentschels hatten seinerzeit in einem staatlichen Krankenhaus in der nordjemenitischen Provinz Saada gearbeitet. Schon bevor 2004 ihr erstes Kind zur Welt kam, standen beide im Dienst der kleinen christlichen Hilfsorganisation „Worldwide Services“ aus den Niederlanden. Am 12. Juni 2009 waren die Krankenschwester und der studierte Maschinenbauer dann nördlich von Jemens Hauptstadt Sanaa verschleppt worden, zusammen mit ihren Kindern und vier Kollegen aus dem Krankenhaus. Drei Erwachsene aus der Gruppe - zwei deutsche Pflegehelferinnen und eine südkoreanische Lehrerin - wurden später erschossen aufgefunden.
Die heute acht und zehn Jahre alten Töchter der Hentschels kehrten unmittelbar nach ihrer Rettung nach Deutschland zurück. Die Euphorie sei damals groß gewesen, gesteht Pötschke. Danach sei allerdings nichts hinzugekommen, was zur Klärung des Schicksals der anderen beigetragen hätte. Es klingt nach Resignation, doch „das ist nicht das richtige Wort“. Allerdings scheine Hoffnung angesichts der unglücklichen Situation ebenfalls unrealistisch. „Wir müssen damit leben“, räumt Pötschke ein. Dennoch findet die Familie keine Ruhe. „Wir haken immer wieder bei den zuständigen Stellen nach.“
„Die Bundesregierung versucht nach wie vor auf allen ihr zur Verfügung stehenden Kanälen und Kontakten, Klarheit über das Schicksal der Betroffenen zu erlangen“, teilt das Auswärtige Amt in Berlin dazu diplomatisch mit. Durch innere Konflikte, Massendemonstrationen, Stammesauseinandersetzungen und terroristische Anschläge sei die seit langem angespannte Lage im Jemen sehr unübersichtlich, heißt es aus dem Ministerium. Zudem benutzten jemenitische Stämme ausländische Geiseln immer wieder als Druckmittel, um Forderungen gegenüber der Regierung durchzusetzen.
Seit der Rettung vor vier Jahren leben die Töchter des vermissten Paares in der Obhut der Großfamilie in Sachsen. „Es geht ihnen gut. Sie haben kein Trauma erlitten“, sagt Reinhard Pötschke. Er hält es für nicht ausgeschlossen, dass sie später selbst einmal auf die Suche nach ihren verschollenen Eltern und dem Bruder gehen.
Im Jemen werde immer wieder Ausländer das Opfer von Entführern. So kam im Mai 2013 nach 139 Tagen Geiselhaft der 26-jährige Wiener Dominik Neubauer und ein finnisches Ehepaar frei. Die drei waren im Dezember 2012 entführt worden. Meistens stecken hinter den Geiselnahmen Stämme, die von der Zentralregierung Zugeständnisse fordern, wobei die Opfer vielfach unverletzt wieder freikommen.