Österreichs Rauchfangkehrer müssen beim EuGH um Gebietsschutz bangen

Wien/Luxemburg (APA) - Den österreichischen Rauchfangkehrern droht möglicherweise Ungemach. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat entschieden, d...

Wien/Luxemburg (APA) - Den österreichischen Rauchfangkehrern droht möglicherweise Ungemach. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat entschieden, den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu fragen, ob der Gebietsschutz bei Rauchfangkehrern gegen die Dienstleistungsrichtlinie der EU verstößt. Sollte der Gebietsschutz tatsächlich fallen, würde das für die Rauchfangkehrer mehr Konkurrenz bedeuten. Davor warnen die Rauchfangkehrer.

„Eine Marktöffnung würde die Ineffizienz erhöhen“, sagte der stellvertretende Bundesinnungsmeister in der Wirtschaftskammer (WKO), Michael Verderber, am Donnerstag zur APA. Die Rauchfangkehrer könnten dann nicht mehr von Haus zu Haus in einer Straße gehen. Sollte der EuGH den Gebietsschutz kippen, würde es für die Haushalte teurer, weil die Fahrtkosten steigen, warnt Verderber. Ein Rauchfangkehrer-Sterben sieht er aber in keinem Fall.

Verderber geht davon aus, dass der EuGH die österreichische Regelung bestätigt, weil Rauchfangkehrer auch sicherheitsrelevante Aufgaben übernähmen. Es müsse für die Behörden nachvollziehbar sein, welcher Rauchfangkehrer für ein Gebäude verantwortlich ist, so der Rauchfangkehrermeister. Zudem sei der Markt hierzulande stärker liberalisiert als in Deutschland.

Die Höchstrichter haben hingegen Zweifel, ob die Gewerbeberechtigung der Rauchfangkehrer, die nach der Gewerbeordnung auf bestimmte „Kehrgebiete“ beschränkt ist, EU-rechtskonform ist, erklärte der OGH auf seiner Webseite zum Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH.

Auslöser war ein Fall in Kärnten: Ein Rauchfangkehrer klagte einen Konkurrenten auf Unterlassung, weil dieser außerhalb seines Kehrgebietes Werbematerial verteilte und Aufträge annahm. Die Vorinstanzen gaben dem Kläger Recht, weil der Beklagte durch den Verstoß gegen die Gewerbeordnung einen Wettbewerbsvorteil gegenüber rechtstreuen Mitbewerbern erlangt habe.

Aus Sicht des OGH bestehe zwar kein Zweifel, dass der Beklagte gegen die territoriale Beschränkung seiner Gewerbeberechtigung verstoßen habe. Diese Bestimmungen seien jedoch möglicherweise nicht mit der Dienstleistungsrichtlinie der Europäischen Union vereinbar, begründen die Höchstrichter.

Laut der EU-Richtlinie sind räumliche Beschränkungen einer Berufsberechtigung nur zulässig, wenn sie zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen und nicht über das hinausgehen, was zum Erreichen des jeweiligen Ziels erforderlich ist. Der EuGH solle nun beurteilen, ob diese Bedingungen bei der österreichischen Regelung zum Gebietsschutz für Rauchfangkehrer erfüllt sind, so der OGH.

Die EU-Kommission hatte Österreich bereits 2011 gemeinsam mit Deutschland und Griechenland wegen unvollständiger Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie verklagt. Die Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt wurde Ende 2006 verabschiedet und hätte bis Ende 2009 umgesetzt werden sollen. Erst vor wenigen Monaten hatte der EuGH in einem ähnlichen Fall Österreichs Regelung bei den Apothekenkonzessionen verurteilt. Der Gebietsschutz der Apotheker sei nicht mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar, so der EuGH.

~ WEB http://www.ogh.gv.at/

http://curia.europa.eu/

http://wko.at ~ APA278 2014-06-12/12:42