Zwei Kandidaten von internationaler Statur wollen Afghanistan führen
Kabul (APA/AFP) - Zwei international bekannte Persönlichkeiten kämpfen um die Nachfolge des afghanischen Präsidenten Hamid Karzai. Ex-Außenm...
Kabul (APA/AFP) - Zwei international bekannte Persönlichkeiten kämpfen um die Nachfolge des afghanischen Präsidenten Hamid Karzai. Ex-Außenminister Abdullah Abdullah setzte sich in der ersten Wahlrunde am 5. April mit 45 Prozent der Stimmen deutlich an die Spitze. Da er jedoch die absolute Mehrheit verpasste, muss er in einer Stichwahl am Samstag gegen den Zweitplatzierten Ashraf Ghani antreten.
Der gelernte Augenarzt ABDULLAH ABDULLAH diente bereits als Sprecher in der Regierung von Burhanuddin Rabbani Anfang der 1990er Jahre. Zu den prägenden politischen Erfahrungen des 53-Jährigen gehört die jahrelange enge Zusammenarbeit mit dem charismatischen Tadschikenführer Ahmed Shah Massud, der zwei Tage vor den Anschlägen vom 11. September 2001 ermordet wurde. Gemeinsam mit Massud bekämpfte Abdullah die sowjetische Besatzung und die Herrschaft der Taliban.
Nach dem Sturz der Taliban infolge der US-Intervention im Herbst 2001 wurde Abdullah von Präsident Karzai mit der Leitung des Außenministeriums betraut. Er bestach schnell durch seine geschliffenen Manieren und durch sein exzellentes Englisch. Als Außenminister warnte Abdullah die US-Regierung mit Nachdruck vor dem Wiedererstarken der Taliban mit Unterstützung Pakistans. 2006 wurde Abdullah von Karzai aus der Regierung entlassen.
Der Sohn eines paschtunischen Vaters und einer tadschikischen Mutter, der vor allem im Norden und Nordosten Rückhalt hat, trat bei der Präsidentenwahl 2009 dann gegen Karzai an und landete auf dem zweiten Platz. Abdullah warf den Anhängern Karzais damals Manipulationen vor und zog sich nach heftigem Streit aus der Stichwahl zurück. Der 53-Jährige ist auf dem Wahlzettel durch Stift und Papier symbolisiert.
Der renommierte Intellektuelle ASHRAF GHANI landete bei der Wahl 2009 noch abgeschlagen auf dem vierten Platz. Doch hat er seitdem deutlich an Statur gewonnen und kam diesmal im ersten Wahlgang mit 31,6 Prozent auf den zweiten Platz. Im Wahlkampf versprach der 65-Jährige, der mit dem Koran als Wahlsymbol antritt, den Ausbau der lokalen Infrastruktur. Kritik rief Ghani hervor, indem er den Usbeken Rashid Dostum zu seinem Stellvertreter erkor. Der Kriegsherr wird für viele Verbrechen verantwortlich gemacht, doch brachte er dem Paschtunen Ghani Stimmen bei der usbekischen Minderheit im Norden.
Internationales Ansehen als Akademiker erwarb sich Ghani in den 1980er Jahren, als er an mehreren Universitäten in den USA Politikwissenschaft und Anthropologie lehrte. Im Jahr 1991 wechselte er zur Weltbank. Nach dem Sturz der Taliban 2001 kehrte er nach Kabul zurück und diente dem UN-Gesandten Lakhdar Brahimi als Sonderberater. In der Übergangsregierung Karzais war er von 2002 bis 2004 Finanzminister, später leitete der für seine scharfe Zunge bekannte Politiker die Nationale Sicherheitskommission.
Ghani sprach sich in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP für die Aussöhnung mit Pakistan aus. Darin liege ein Schlüssel zu mehr Stabilität in seinem Land. Ziel sei eine „besondere Beziehung“ beider Länder ähnlich dem Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg, sagte Ghani.
Im persönlichen Umgang gilt Ghani als aufbrausend und unnahbar. Wegen einer Magenkrebserkrankung ist sein Immunsystem geschwächt. Mit einer strengen Diät kleiner Mahlzeiten gelingt es ihm, weiterhin diszipliniert zu arbeiten. In seiner Rolle als Sicherheitsbeauftragter überwachte er die allmähliche Übergabe der Verantwortung für die Sicherheitskräfte von der Nato an die Afghanen. In dieser Funktion war er in den vergangenen Monaten viel im ganzen Land unterwegs.