Cameron legt im Streit um EU-Kommissionspräsidenten nach
London (APA/AFP) - Im Streit um die künftige Führung der EU-Kommission und den konservativen Kandidaten Jean-Claude Juncker hat der britisch...
London (APA/AFP) - Im Streit um die künftige Führung der EU-Kommission und den konservativen Kandidaten Jean-Claude Juncker hat der britische Premierminister David Cameron nachgelegt. „Die Bürger, die zur Wahl gingen, wollten ihren Europaabgeordneten wählen, nicht den Kommissionspräsidenten. Juncker kandidierte nirgendwo und wurde von niemandem gewählt“, schrieb Cameron in einem Zeitungsbeitrag.
Bei der Frage nach der Besetzung des Brüsseler Spitzenpostens gehe es „ganz zentral um die Art und Weise, wie die EU Politik macht, um die Notwendigkeit, sich an die Regeln zu halten, und um das richtige Verhältnis zwischen den europäischen Nationalstaaten und den Institutionen der EU“, meinte Cameron in einem Beitrag für die „Süddeutsche Zeitung“ vom Freitag.
Der neue EU-Kommissionspräsident soll laut EU-Vertrag von Lissabon erstmals unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Europawahl ernannt werden; nominiert wird er aber wie bisher von den Staats- und Regierungschefs. Die Parteifamilien hatten aufgrund des Lissabon-Vertrages erstmals europaweite Spitzenkandidaten ins Rennen geschickt - für die konservative EVP (Europäische Volkspartei), die bei der Wahl Ende Mai siegte, war dies der ehemalige luxemburgische Regierungschef Juncker.
Einige Europaabgeordnete hätten sich „ein neues Verfahren ausgedacht, wonach sie den Kandidaten sowohl aussuchen wie auch wählen“, schrieb Cameron weiter. Und die großen Fraktionen hätten im Hinterzimmer verabredet, sich nach den Wahlen gemeinsam hinter den Kandidaten der stärksten Fraktion zu stellen. „Das Konzept ist im Europäischen Rat nie beschlossen worden“, schrieb Cameron in der „SZ“.
Die Anhänger der Spitzenkandidaten argumentierten, die Bürger Europas hätten gewählt und sich klar für Juncker als Kommissionspräsidenten ausgesprochen; es wäre nun undemokratisch, wenn die nationalen Regierungschefs einen anderen Kandidaten vorschlagen würden. „Nichts gegen Herrn Juncker, einen erfahrenen europäischen Politiker, aber diese Argumentation ist Unsinn“, schrieb Cameron.
Der britische Premierminister will Großbritannien unabhängiger von den Entscheidungen in Brüssel machen - Juncker steht hingegen für eine stärkere europäische Integration. Medienberichten zufolge soll Cameron für den Fall der Ernennung Junckers sogar mit einem EU-Austritt seines Landes gedroht haben.
Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen bei ihrem Gipfeltreffen am 26. und 27. Juni in Brüssel über ihren Kandidaten abstimmen. Notwendig ist ein Mehrheitsbeschluss, kein Land hat ein Vetorecht. Die Ernennung muss anschließend vom Europaparlament gebilligt werden. Die Abstimmung dazu ist für den 15. Juli in Straßburg geplant.