Verletzter Höhlenforscher - Bergung kann „stündlich“ starten
Berchtesgaden (APA/AFP/dpa) - Nach tagelangen Vorbereitungen soll der Abtransport des in der Riesending-Schachthöhle verunglückten Forschers...
Berchtesgaden (APA/AFP/dpa) - Nach tagelangen Vorbereitungen soll der Abtransport des in der Riesending-Schachthöhle verunglückten Forschers Johann Westhauser nun zügig starten. Die Einsatzleitung erwarte „stündlich“ die Meldung über den Beginn der Aktion, sagte Stefan Schneider von der bayrischen Bergwacht am Freitag in Berchtesgaden. Aufgrund der schwierigen Verhältnisse seien genauere Zeitangaben allerdings nicht möglich.
„Wir müssen einfach warten. Wir wissen nicht, wie lange es dauern wird. Es läuft alles im Rahmen, im Plan“, sagte Schneider. Was bei einem normalen Rettungseinsatz nur Minuten dauere, könne in der Tiefe Stunden oder Tage in Anspruch nehmen: „Höhle heißt warten.“ Nach Einschätzung der Helfer vor Ort sei ein Unterschied von ein, zwei oder drei Tagen in der aktuellen Lage allerdings nicht mehr entscheidend.
Der schwer am Kopf verletzte Forscher harrt seit Sonntag in etwa 1.000 Metern in der extrem schwer zugänglichen Höhle unter dem Untersberg an der Grenze zu Österreich aus. Er hatte bei einem Steinschlag ein Schäden-Hirn-Trauma erlitten. Mehrere Höhlenretter und ein Arzt sind derzeit bei ihm, um ihn zu versorgen und seinen Rücktransport auf einer Trage vorzubereiten.
Der Zustand des 52-Jährigen ist Schneider zufolge nach wie vor stabil. Für den Weg mit dem Patienten zurück an die Oberfläche veranschlagt die Einsatzleitung mehrere Tage. „Die bisherige Kalkulation mit einer Woche bleibt bestehen.“ Tendenziell könne es seiner momentanen Einschätzung aber auch etwas länger dauern.
Die Bergung des verletzten Forschers hat sich zu einer internationalen Höhlenrettungsmission von bisher wohl einmaligen Dimensionen entwickelt. Spezialisten aus Deutschland, Österreich, Italien sowie der Schweiz wurden zusammengezogen, um die logistisch äußerst anspruchsvolle Rettung des Mannes zu bewerkstelligen.
Die Riesending-Schachthöhle ist Deutschland längste und tiefste Höhle. Sie besteht aus engen Gängen, über hunderte Meter fast senkrecht abfallenden Kaminen, unterirdischen Wasserläufen und unwegsamen Canyons, die sich über eine Länge von 19 Kilometern erstrecken.
Acht Teams von jeweils etwa vier Mann befanden sich am Freitag in der Höhle. Sie kümmern sich um den Forscher, transportieren Ausrüstung sowie Nahrung zu den fünf für die Rettungsaktion auf verschiedenen Ebenen eingerichteten Biwakstationen und arbeiten an den Seilhilfen für den bevorstehenden Krankentransport.
Die Helfer waren Schneider zufolge auch dabei, eine kabelgestützte Telefonanlage für eine bessere Kommunikation bis zum Unglücksort in 1.000 Metern Tiefe zu installieren. In der Höhle funktionieren weder Funk noch Mobiltelefone. Die auf engsten Raum errichteten Biwaks seien durch die zahlreichen Retter inzwischen „völlig überfüllt“, sagte Schneider. Teils werde „im Sitzen oder Stehen versucht, sich zu regenerieren“.
Unterdessen trafen weitere Höhlenretter aus Italien am Unglücksort ein, um ihre teils seit Tagen im Einsatz befindlichen Kollegen abzulösen. Zusätzliche Schweizer Experten stehen der Bergwacht zufolge in ihrer Heimat bereit, um im Bedarfsfall anzureisen. „Wir bauen ein Schichtsystem auf“, sagte Schneider. Der Einsatz sei für alle „körperlich, psychisch extrem anstrengend“.
Auch einer der beiden Ärzte, die seit Mittwoch bei dem Patienten ausharren, machte sich demnach am Freitag zurück auf den Weg an die Oberfläche. Als Ablösung für den Italiener stieg ein deutscher Mediziner hinab.
(NEU: Äußerungen vor der täglicher Pressekonferenz der Einsatzleitung)