Chinas Kampf gegen Korruption setzt Pharmamanagern zu
Shanghai (APA/Reuters) - Das härtere Vorgehen der chinesischen Regierung gegen Korruption im Gesundheitssektor lässt Manager in den Führungs...
Shanghai (APA/Reuters) - Das härtere Vorgehen der chinesischen Regierung gegen Korruption im Gesundheitssektor lässt Manager in den Führungsetagen großer Pharmakonzerne erzittern. Topmanager der Branche in China fragen inzwischen vermehrt ihre Anwälte, in welchem Umfang sie haftbar gemacht werden können. Manche Manager überlegen sogar, China zu verlassen.
„Viele unserer Mandanten stellen Fragen nach persönlicher Haftung und Absicherung. Darunter sind Manager, die wissen wollen, was mit ihren Familien passiert, falls sie ins Gefängnis gehen und wie das Unternehmen sie schützt“, sagte John Huang, Mitbegründer und Partner der in Shanghai ansässigen Anwaltsfirma MWE China.
Die chinesischen Behörden hatten im Mai die Geschäftswelt geschockt, als sie den ehemaligen China-Chef des britischen Pharmariesen GSK, den Briten Mark Reilly, wegen Korruptionsvorwürfen anklagten. Reilly droht in China eine lebenslange Haft wegen Bestechung. Reilly und zwei chinesischen Managern wird vorgeworfen, mehrere Hundert Millionen Dollar Schmiergeld an Ärzte und Krankenhäuser gezahlt zu haben, damit sie GSK-Arzneien bevorzugen. Großbritanniens größter Pharmakonzern erklärte, man sei sehr besorgt über den Fall.
Angesprochen auf die Stimmung unter ihren Topmanagern in China geben sich internationale Konzerne momentan schmallippig. Aber laut Anwalt Huan und zwei Führungskräften bei Arzneimittelherstellern, die anonym bleiben wollten, überprüften einige Manager die Rechtsrisiken, die mit Positionen verknüpft sind, in denen sie über Pharmavertreter und Marketingkräfte in China wachten. Denn die chinesischen Behörden hatten zuletzt vor allem bei ihnen ermittelt. Im Blickpunkt der Behörden: Der Umgang der Unternehmen mit schlecht bezahlten Ärzten und Verwaltungsangestellten in staatlichen Kliniken. Denn dort werden die meisten westlichen Arzneimittel erworben.
Laut Auskunft von Anwälten haben sich sogar einige Top-Manager darüber beraten lassen, ob sie China im Falle künftiger Ermittlungen verlassen sollten. Ein Insider sagte, manche Führungskräfte loteten inzwischen Karrierechancen außerhalb Chinas aus. Einem Anwalt in Shanghai zufolge machten sich manche Manager inzwischen Gedanken, kurzfristig das Land zu verlassen - etwa für drei bis sechs Monate. Damit würden sie bei Ermittlungen der Gefahr einer Verhaftung entgehen. Andere würden dagegen einen Umzug nach Singapur, Hongkong oder den Gang in andere Städten erwägen. Für einige internationale Arzneimittelhersteller sei es inzwischen schwerer geworden, Beschäftigte nach China zu locken, sagten die zwei Pharmamanager.
Das Reich der Mitte ist mit mehr als einer Milliarde Einwohnern und einem kräftigen Wirtschaftswachstum für die großen Pharmakonzerne ein unverzichtbarer Markt. In China gelten Bestechungsgelder von Pharmavertretern an Ärzte als weit verbreitet. Doch die chinesische Führung fährt inzwischen einen deutlich härteren Kurs gegen Korruption als noch vor Jahren. Im Zuge des neuen Vorgehens hatten Behörden bei praktisch allen großen Konzernen angeklopft. So wurden sie im vergangenen Jahr beim Schweizer Konzern Novartis, bei der britischen AstraZeneca und bei der französischen Sanofi vorstellig. Auch bei den Rivalen Eli Lilly aus den USA, bei Bayer und beim dänischen Konzern Novo Nordisk klopften chinesische Behörden an. Alle Unternehmen erklärten, sie würden mit den staatlichen Stellen kooperieren.
Einige Arzneimittelhersteller, darunter Novo Nordisk, Eli Lilly und Roche hatten im vergangenen Jahr ihre Führung in China ausgetauscht. Die Unternehmen erklärten allerdings, dies stehe nicht mit dem härteren Vorgehen der Regierung zusammen. Reilly hatte bereits im vergangenen Juli nach Bekanntwerden der Vorwürfe seinen Stuhl räumen müssen. Zunächst verließ er China. Er kehrte dann aber wieder zurück, um mit der Polizei zu kooperieren.