Boom für Klein-Brauereien im Weinland Frankreich

Paris (APA/AFP) - Im Weinland Frankreich gilt Bier vielen als ein Getränk, das nur zu Hause auf dem Sofa beim Fernsehen getrunken wird. Obwo...

Paris (APA/AFP) - Im Weinland Frankreich gilt Bier vielen als ein Getränk, das nur zu Hause auf dem Sofa beim Fernsehen getrunken wird. Obwohl dieses Negativ-Image immer noch fest verankert ist, erlebt Bier derzeit aber einen Aufschwung: Es gibt einen Trend zu Klein-Brauereien, die überall im Lande neu gegründet werden und teils Bier-Spezialitäten anbieten, die sogar im Fisch-Restaurant auf den Tisch kommen.

Anfang der 80er-Jahre waren die französischen Brauereien fast im Verschwinden begriffen, erläutert Bierexperte Robert Dutin, der gerade einen Führer zu den Brauern und Bieren in Frankreich veröffentlicht hat. Doch in den vergangenen Jahren erlebten Klein-Brauereien einen unglaublichen Boom: Ihre Zahl stieg von 334 im Jahr 2010 auf rund 600 im vergangenen Jahr. „Sie haben überall in Frankreich aufgemacht und die Zahlen zeigen immer noch nach oben“, stellt Dutin fest.

Dabei geht der Bierkonsum in Frankreich seit Jahren kontinuierlich zurück. „Wir verlieren ein Prozent pro Jahr seit 1976“, klagt Pascal Chevremont vom französischen Bierbrauer-Verband. Die Franzosen trinken lediglich 30 Liter Bier pro Jahr und pro Person - die Deutschen rund hundert Liter. Damit liegt Frankreich unter den 28 EU-Ländern auf dem 26. Platz.

Nur die Hausbiere von Klein-Brauereien sind „in“ und können ein beständiges Wachstum vorweisen. „Wir haben einen zweistelligen Zuwachs seit mehreren Jahren“, freut sich Cindy Durchon, Direktorin der Gipfel-Brauerei in Aix-les-Bains in den Alpen mit zwölf Mitarbeitern.

Der Erfolg der Klein-Brauereien erklärt sich teils dadurch, dass die Hausbiere verfeinert sind und manchmal sogar als ein besonderes Geschenk mitgebracht werden. Diese Biere seien häufig „weniger bitter“, „milder“, beschreibt Dutin die Getränke.

So bietet die Gipfel-Brauerei in Aix-les-Bains fünf Bier-Spezialitäten mit hippen Etiketten an - vom „Yeti“-Bier über die „Schwarze Piste“ bis hin zur „Weißen Spitze“, die auch in großen Supermärkten der Region verkauft werden. Direktorin Duchon versichert, Männer wie Frauen seien daran interessiert, viele wollten zudem lokale Produkte.

Auch in Deutschland sind lokale Bier-Spezialitäten im Trend. Die Zahl der Brauereien und der Klein-Brauereien liegt natürlich weit höher als in Frankreich: 1.349 Brauereien gab es im vergangenen Jahr insgesamt in Deutschland, darunter viele Haus- und Kleinbrauereien vor allem in Bayern, wo 623 Brauereien angesiedelt sind. Als Region mit der weltweit höchsten Brauerei-Dichte rühmt sich Oberfranken mit allein rund 200 Brauereien.

In Paris hat Bruno Torres vor rund einem Jahr im 20. Bezirk die Brauerei „Der Wal“ eröffnet. Er hängte seinen Job als Werbefotograf an den Nagel und wollte erst ins Wein-Geschäft einsteigen - dann entdeckte er das Bier. Im Verlauf eines Jahres hat er Wein- und Spezialitäten-Läden sowie Restaurants als Kunden gewonnen. Sein rauchiges Bier überzeugt auch Whisky-Liebhaber, sein helles Bier mit Zitrusfrüchte-Aroma wird sogar in einem Fisch-Restaurant angeboten.

„Viele Klein-Brauereien wurden von Weinkennern gegründet“, berichtet Dutin. Jetzt gibt es eben auch Bierspezialisten in Frankreich. Zwar machen die Hausbiere bisher kaum drei Prozent des gesamten Biermarktes in Frankreich aus. Aber angesichts der stetig steigenden Nachfrage sind auch die Großbrauereien auf den Trend eingeschwenkt und bieten laut Chevremont jedes Jahr neue Biere an. „Früher konnte man sagen: ‚Ich mag Bier nicht‘“, sagt er. „Aber jetzt gibt es ein Bier für jeden Geschmack.“