Abhöraffäre in Polen: Präsidentenberater fordert Rücktritt Sikorskis

Warschau (APA) - Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski gerät nach der Veröffentlichung von abgehörten kritische Äußerungen über die ...

Warschau (APA) - Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski gerät nach der Veröffentlichung von abgehörten kritische Äußerungen über die polnisch-amerikanischen Beziehungen immer mehr unter Druck. Der Präsidentenberater Tomasz Nalecz forderte am Montag im Fernsehsender TVN24 den Rücktritt Sikorskis.

Sikorski hatte in einem heimlich aufgezeichneten Gespräch mit Ex-Finanzminister Jacek Rostowski, aus dem das Nachrichtenmagazin „Wprost“ am Montag ausführlich zitierte, unter anderem erklärt, dass das polnisch-amerikanische Bündnis nichts wert sei und als „totaler Bullshit“ bezeichnet. „Die Worte machen auf mich sogar einen größeren Eindruck, als wenn ich erfahren hätte, dass sich der Primas in einem privaten Gespräch als Ungläubiger entpuppt hätte“, kritisierte der Präsidentenberater Nalecz am Montag. Daher solle sich Sikorski die Frage stellen, wie sich in dieser Situation ein Außenminister eines zivilisierten, in der Welt angesehenen Staates verhalten würde, erklärte er weiter. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich der Minister jetzt mit seinen Partnern treffen kann. Ich glaube, es wird ihm die Erfüllung seines Amtes stark erschweren“, so der Präsidentenberater.

US-Diplomaten versuchten dagegen die Worte Sikorskis herunterzuspielen. Die Aufnahmen würden keinen negativen Einfluss auf die polnisch-amerikanischen Beziehungen haben, meinte US-Botschafter Stephen Mull auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Er wollte den Inhalt des privaten Gesprächs nicht kommentieren und betonte, dass die polnisch-amerikanische Allianz stark sei.

Auch der ehemalige stellvertretende US-Staatssekretär betonte im Gespräch mit der „Rzeczpospolita“, dass die Aufnahmen die Beziehungen zwischen den USA und Polen nicht beeinflussen würden. Seiner Meinung nach würden die US-Politiker gut verstehen, dass die Worte Sikorskis nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen seien. Er fügte hinzu, dass er die Frustration des polnischen Außenminister über die Haltung Washingtons verstehe, verwies aber zugleich darauf hin, dass das Gespräch vor fast einem halben Jahr durchgeführt worden sei und sich die Beziehungen zwischen den beiden Staaten seither verbessert hätten.

Sikorski bezeichnete den Lauschangriff am Montag als „Angriff durch eine organisierte kriminelle Gruppe“ auf die Regierung. „Wir wissen noch nicht, wer dahinter steht, aber das wird ermittelt“, so der Außenminister. Für die Aufklärung der Affäre sei eine Sondereinheit der Agentur für innere Sicherheit (ABW) und des Zentralen Ermittlungsbüro (CBS) eingesetzt worden, erklärte der ABW-Sprecher Maciej Karczynski im Gespräch mit Radio TOK FM, es gehe um Spionageabwehr und organisierte Kriminalität.

Das Nachrichtenmagazin „Wprost“ hatte die Abhöraffäre in Polen mit der Veröffentlichung von illegal abgehörten Gesprächen vergangene Woche ins Rollen gebracht. Die Affäre setzt die Regierung von Donald Tusk seitdem stark unter Druck. Die Opposition fordert die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen.