10. Manifesta: Kunstschau in St. Petersburg gelandet

St. Petersburg (APA/dpa) - Trotz Boykottaufrufen vieler Künstler gastiert die 10. Kunstausstellung Manifesta von diesem Samstag an in Russla...

St. Petersburg (APA/dpa) - Trotz Boykottaufrufen vieler Künstler gastiert die 10. Kunstausstellung Manifesta von diesem Samstag an in Russland - erstmals überhaupt in einer früheren Sowjetrepublik. In der weltberühmten Eremitage kratzt der deutsche Kurator Kasper König mit zeitgenössischer Kunst vier Monate lang - vom 28. Juni bis 31. Oktober - auch an Homosexualität und anderen Tabus des Landes.

„Ich glaube, dass wir mit der Manifesta eine echte Punktlandung hinlegen könnten“, sagte der 70-Jährige in einem Interview der dpa. Mehr als 50 Künstler sind bei der Ausstellung im wichtigsten Kunsttempel des Landes vertreten. Die europäische Wanderbiennale für zeitgenössische Kunst solle in Russland auch neue Diskussionen in Gang bringen.

„Die Vorbehalte gegen die Ausstellung waren stark, aber das Interesse ist jetzt groß“, meinte König, der frühere Direktor des Museums Ludwig in Köln. „Natürlich gab es viele durchaus berechtigte Diskussionen: Erst über dieses unglückselige Anti-Homosexuellen-Gesetz, dann im März über die Vereinnahmung der Schwarzmeerhalbinsel Krim durch Moskau und nun über die Politik des Landes in der Krise um die Ostukraine“, sagte König.

Krieg und Sexualität, Geschichte und menschliche Beziehungen sind die Themen der 10. Manifesta. Vertreten sind auch Klassiker wie Gerhard Richter, Joseph Beuys und Ilja Kabakow. Selbst in die frühere Zarenmetropole gereist sind aber vor allem viele jüngere Künstler, um ihre Sicht auf die Welt einem Millionenpublikum vorzustellen.

Die Manifesta ist eine Wanderbiennale, die seit 1996 alle zwei Jahre an einem anderen Ort in Europa organisiert wird. Experten halten sie für die drittwichtigste Kunstschau Europas nach der Biennale in Venedig und der Documenta in Kassel. Sitz der Direktion ist Amsterdam. Die Initialzündung für die Schau waren nach Angaben der Organisatoren die Umwälzungen in Europa vor einem Vierteljahrhundert mit dem Fall des Eisernen Vorhangs. Die europäische Biennale für zeitgenössische Kunst war bereits in den Niederlanden, Luxemburg, Slowenien, Deutschland, Spanien und auf Zypern zu Gast.

Der Nomadencharakter der Kunstschau, so die Organisatoren, soll auch eine Auseinandersetzung mit dem „psychologischen und geographischen Territorium“ in Europa und seinen Grenzen sein. Dabei will sich die Manifesta auch auf Minderheiten in Europa konzentrieren, wie es in einer Selbstdarstellung heißt.

(S E R V I C E - http://manifesta.org/)