Mehrjährige Haftstrafen für zwei „Neffentrick“-Betrüger in Eisenstadt

Eisenstadt (APA) - Weil sie ältere Menschen mit dem „Neffentrick“ um ihr Erspartes gebracht haben sollen, standen ein 29-jähriger Steirer un...

Eisenstadt (APA) - Weil sie ältere Menschen mit dem „Neffentrick“ um ihr Erspartes gebracht haben sollen, standen ein 29-jähriger Steirer und ein 61-jähriger gebürtiger Oberösterreicher am Montag in Eisenstadt vor Gericht. Die Anklage warf ihnen vor, den Opfern über 200.000 Euro herausgelockt zu haben. Ein Schöffensenat verurteilte sie zu sechs bzw. siebeneinhalb Jahren Haft. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Staatsanwalt Heinz Prinke legte dem 29-Jährigen acht und dem 61-Jährigen 20 Betrugshandlungen zur Last, in einigen Fällen sei es beim Versuch geblieben. Die beiden hätten sich in der Justizanstalt Hirtenberg kennengelernt und sich verabredet, Betrügereien zu begehen. Der Erstangeklagte soll sich dabei meist als Neffe oder Enkel ausgegeben haben, der dringend eine Operation oder eine andere medizinische Behandlung benötige. Der 61-Jährige habe sich dann als der behandelnde Arzt gemeldet.

Laut Ankläger waren die Opfer zumeist ältere Frauen. Von einer 85-Jährigen aus dem Bezirk Hartberg-Fürstenfeld sollen die beiden auf diese Weise mehr als 110.000 sowie zwei Goldringe, einen Gold- und einen Silberdukaten erhalten haben. Bei einer Frau in Güssing im Südburgenland sollen die beiden im September des Vorjahres versucht haben, mit dem Trick an Geld zu kommen. Sie wurde damals um 5.000 Euro geschädigt. Auch in Wien gab es einige Neffentrick-Opfer im vier- und fünfstelligen Bereich.

Beide Angeklagte zeigten sich weitgehend geständig, allerdings mit kleinen Modifizierungen. Der Verteidiger des 29-Jährigen schilderte, sein Mandant habe Geld für eine Operation gebraucht. Er habe bei den Betrügereien mitgemacht, weil er vom Zweitangeklagten erpresst worden sei.

Der 29-Jährige habe sich im gelockerten Vollzug befunden und Angst gehabt, aus diesem wieder herauszufallen, weil ihm der 61-Jährige gedroht habe, ihn bei der Anstaltsleitung anzuschwärzen. Der Mitangeklagte räumte ein, dass er tatsächlich einmal im Gefängnis angerufen und gesagt habe, der andere schulde ihm Geld. Er habe dies jedoch sofort richtiggestellt, sagte der 61-Jährige.

Dass er den Mitangeklagten unter Druck gesetzt haben soll, wies der 61-Jährige zurück. Er habe bloß gewollt, dass der Jüngere sich bei ihm melde, weil er ihm in Aussicht gestellt habe, ihm 1.000 Euro zu borgen. Warum ihn der Mitangeklagte, den er seit Jahren kenne, belaste, könne er sich auch nicht erklären: „Wir waren immer gute Freunde.“

„Die Betrügereien, das mit den alten Damen und mit der peinlichen Krankheitsgeschichte, das hat er mir alles beigebracht“, berichtete der 29-Jährige über den mutmaßlichen Komplizen. Der „Neffe“ soll in einigen Fällen auch vorgetäuscht haben, dass er sexsüchtig sei und eine Behandlung benötigte. Die beiden hätten angenommen, dass dies den Opfern peinlich sei und sie dann nicht viel fragen stellen würden, so der Ankläger.

„Ja, schämen sie sich nicht?“ wollte die Vorsitzende des Schöffensenats, Karin Lückl, vom 29-Jährigen wissen. Die Frauen hätten schließlich ihr ganzes Geld hergegeben, das sie ihr Leben lang gespart hätten. „Natürlich schäme ich mich“, meinte dieser kleinlaut. Er sei allerdings unter Druck gestanden und habe „selber nicht mehr gewusst, was ich da mache.“

Der Schöffensenat sprach schließlich beide wegen gewerbsmäßigem schwerem Betrug schuldig. Als mildernd wurden vom Gericht die zum Teil geständige Verantwortung gewertet sowie den Umstand, dass es teilweise beim Versuch gelieben sei.

Erschwerend seien neben der vielfachen Überschreitung der Wertgrenze auch Vorstrafen zu berücksichtigen gewesen: Der 29-Jährige war in Vergangenheit bereits achtmal, der 61-Jährige 35-mal vor Gericht gestanden. Dass beide die Hilflosigkeit der Opfer ausgenützt hatten, „das ist wirklich das Verwerflichste“, so die Richterin in ihrer Urteilsbegründung.

Das Gericht erklärte beim Erstangeklagten 101.000 Euro und beim Zweitangeklagten 124.000 Euro für verfallen. Beide gemeinsam wurden auch binnen 14 Tagen zur Rückerstattung von mehr als 150.000 Euro verpflichtet. Die Männer nahmen die Urteile an, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab.