USA erhöhen Druck auf Maliki - Kerry in Bagdad
Bagdad (APA/Reuters) - Die USA erhöhen angesichts des Vormarschs radikaler Muslime im Irak den Druck auf Ministerpräsident Nuri al-Maliki. U...
Bagdad (APA/Reuters) - Die USA erhöhen angesichts des Vormarschs radikaler Muslime im Irak den Druck auf Ministerpräsident Nuri al-Maliki. US-Außenminister John Kerry machte bei einem Besuch in Bagdad hinter den Kulissen deutlich, dass ein Rücktritt Malikis für die Zukunft des Landes besser wäre, wie irakische Regierungsvertreter am Montag berichteten.
Offiziell vermeiden die USA jedoch Empfehlungen für die anstehende Regierungsbildung in Bagdad. Im Westen des ölreichen Landes nahmen indes sunnitische Stammeskrieger den einzigen Grenzübergang nach Jordanien ein. Damit hat die Regierung die Kontrolle über die gesamte West- und Nordgrenze nach Syrien und Jordanien verloren.
Die Atmosphäre bei dem Besuch Kerrys war betont frostig. Entgegen den diplomatischen Gepflogenheiten wechselten der Minister und Maliki beim öffentlichen Pressetermin kaum Worte. Mehrere hochrangige irakische Politiker, darunter Angehörige von Malikis eigener Partei, erklärten nach dem Treffen, Kerry habe in der Sprache der Diplomaten deutlich gemacht, dass Washington einen Amtsverzicht des Regierungschefs begrüßen würde.
Die USA werfen dem Schiiten Maliki vor, die Sunniten an den Rand gedrängt und damit in die Arme der radikalen ISIS-Miliz getrieben zu haben. Dies sei ein entscheidender Grund für den Blitzfeldzug der ISIS von Norden nach Süden durch sunnitische Gebiete bis rund 100 Kilometer vor Bagdad an die Grenze der Siedlungsgebiete der Schiiten. Kuwait zog angesichts der wachsenden Bedrohung sein Botschaftspersonal aus Bagdad ab. „Wenn die Situation wieder stabil und normal ist, kommen wir zurück“, kündigte ein Vertreter des kuwaitischen Außenministeriums an.
Der Irak steht nach der Parlamentswahl im April vor der Bildung einer neuen Regierung. Malikis Wahlliste hat zwar die meisten Stimmen errungen, benötigt aber Partner für eine Mehrheit. Bereits am Wochenende hatte Kerry eine Regierung der nationalen Einheit gefordert und erklärt, den USA sei die Unzufriedenheit der Sunniten, Kurden und von Teilen der Schiiten mit Maliki nicht entgangen.
Der Iran, der sich als Schutzmacht der Schiiten versteht, warnte die USA vor einer Einmischung. „Wir lehnen entschieden jede Intervention der USA oder anderer Mächte im Irak ab“, erklärte das geistliche Oberhaupt des Iran, Ajatollah Ali Khamenei, nach iranischen Agenturberichten. Damit dämpfte er Spekulationen, die USA könnten abgestimmt mit dem Iran gegen ISIS vorgehen.
Ein Vertreter der sunnitischen Stammeskrieger, die den Grenzübergang Turaibil nach Jordanien besetzt halten, erklärte, die Kontrollstelle solle an ISIS übergeben werden. Derzeit werde mit den Kämpfern verhandelt, um die Sicherheit der Angestellten des Grenzpostens zu erreichen. Nach Angaben aus irakischen und jordanischen Sicherheitskreisen ist die irakische Armee aus dem Grenzgebiet zu Jordanien nach Gefechten mit ISIS-Kämpfern geflohen.
Jordanien hat bereits vor Tagen nach Angaben von Militärangehörigen die Truppen entlang der 181 Kilometer langen Grenze zum Irak in Alarmbereitschaft versetzt. Mit der Eroberung des Grenzgebietes dürfte ISIS dem selbstgesteckten Ziel näherkommen, auf dem Territorium Syriens und Iraks einen Gottesstaat zu errichten, dessen Bewohner sich einer orthodox-sunnitischen Lebensführung unterwerfen müssen.
Die Außenminister der Europäischen Union zeigten sich bei ihrem Treffen in Luxemburg besorgt über die Lage im Irak. Jetzt komme es darauf an, eine Regierung zu bilden, die alle Regionen und alle Religionen einschließe, sagte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Offenkundig mit Blick auf den Iran ergänzte er: „Ich hoffe, dass die Nachbarn des Irak ihr Interesse erkennen, dass die territoriale Integrität des Irak als Staat gewährleistet bleibt und ihre politischen Ziele darauf ausrichten.“