USA und EU fordern Einheitsregierung für den Irak
Bagdad (APA/AFP/dpa/Reuters) - Nach rund zwei Wochen ISIS-Terror im Irak dringen USA und EU auf die Bildung einer Einheitsregierung mit Sunn...
Bagdad (APA/AFP/dpa/Reuters) - Nach rund zwei Wochen ISIS-Terror im Irak dringen USA und EU auf die Bildung einer Einheitsregierung mit Sunniten, Schiiten und Kurden. „Die Hauptsorge gilt der Integrität des Landes, seiner Grenzen, seiner Souveränität“, sagte US-Außenminister John Kerry am Montag bei einem unangekündigten Besuch in Bagdad. Regierungschef Nuri al-Maliki sicherte zu, bis 1. Juli seine Regierung umbilden zu wollen.
Das soll Maliki nach einer langen Unterredung mit Kerry bekräftigt haben, erklärte der US-Außenminister und hielt fest, dass Washington auf eine Regierung, die die Interessen aller Iraker vertrete, poche. Kerry betonte weiter, dass die Unterstützung der USA für den Irak und seine Sicherheitskräfte „intensiv und nachhaltig“ sein werde, um den Vormarsch der jihadistischen Gruppe Islamischer Staat im Irak und Großsyrien (ISIS) zu stoppen.
ISIS sei „eine Bedrohung für uns alle“, so der US-Chefdiplomat. ISIS ist im Irak seit zwei Wochen auf dem Vormarsch Richtung Bagdad und kontrolliert bereits erhebliche Teile des Landes. Auch am Montag hissten die Jihadisten wieder ihre schwarze Flagge - in dem Ort Al-Alam südöstlich der Stadt Tikrit und in Tal Afar im Nordwesten. Die selbst ernannten Gotteskrieger wollen langfristig über Landesgrenzen hinweg ein Kalifat im Nahen Osten errichten.
Al-Maliki steht seit langem in der Kritik, weil seine von Schiiten dominierte Regierung die Sunniten im Irak diskriminiert. Der Regierungschef lehnt einen Rücktritt jedoch ab. Laut dem Nachrichtenportal „Al-Sumaria“ sagte er beim Treffen mit Kerry, die stärkste politische Kraft im Land müsse die nächste Regierung bilden. Al-Maliki war aus den Parlamentswahlen im Mai mit seiner Rechtsstaats-Allianz als Sieger hervorgegangen. Der Regierungschef ist seit 2006 im Amt.
Die EU stockte ihre humanitäre Hilfe für den Irak um fünf auf 12 Mio. Euro auf. Die EU-Außenminister beschlossen bei ihrem Treffen in Luxemburg, mit der Finanzspritze vor allem der stark betroffenen kurdischen Region im Irak beizustehen, wo Hunderttausende Flüchtlinge untergekommen sind. „Die EU ist ernsthaft beunruhigt über die sich entwickelnde humanitäre Krise und besonders über die massive Vertreibung von Zivilisten durch die Kämpfe“, heißt es in einer Erklärung der Ressortchefs.
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnte jedoch davor, die Möglichkeiten der EU im derzeitigen Konflikt im Irak zu überschätzen. Der Schlüssel für eine Lösung liege vielmehr im Irak selbst, sagte Steinmeier am Montag nach Beratungen der EU-Außenminister in Luxemburg. Steinmeier bezeichnete die Situation im Irak als „besorgniserregend“ und verwies auf den weiteren Vormarsch der ISIS-Kämpfer. Der UNO-Sondergesandte für den Irak, Nikolai Mladenow, habe davor gewarnt, dass Teile des Irak unregierbar wie Syrien werden und „unkontrollierbarer Raum“ für Extremisten entstehe.
Steinmeier sagte, es komme jetzt auf die Bildung einer Regierung an, die alle Regionen und alle Religionen einschließe. So könnte weitere Unterstützung der sunnitischen Bevölkerung für die ISIS-Gruppen verhindert werden. Der schwedische Außenminister Carl Bildt nannte die Lage im Irak „alarmierend“.
Die USA hatten angekündigt, das irakische Militär im Kampf gegen die Terrormiliz zu unterstützen. Washington setzt dabei unter anderem auf einen möglichst kurzen Einsatz von rund 300 Soldaten, die als Militärberater in den Irak geschickt werden sollen.
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton will am Dienstag in Brüssel mit Kerry über die Irak-Krise beraten. Anschließend treffen sich die NATO-Außenminister. Auch sie wollen die Situation in dem arabischen Land erörtern.
Bei einem Angriff Bewaffneter auf einen Gefangenentransport in der Nähe der Stadt Hilla südlich von Bagdad wurden laut einheimischen Medien mehr als 50 Insassen getötet. „Sumaria News“ berichtete unter Berufung auf die irakische Polizei sogar von 70 Toten und mehreren Dutzend Verletzten. Bei den Gefangenen soll es sich überwiegend um Kämpfer von ISIS und des Terrornetzwerkes Al-Kaida gehandelt haben.