Ein Jahr in der EU - Dubrovnik und Neum warten auf die Brücke
Neum/Dubrovnik (APA) - Einfache, alte Häuser, enge, kurvige Straßen, veraltete oder im Umbau befindliche Hotels und ein zerbombter Hotelkomp...
Neum/Dubrovnik (APA) - Einfache, alte Häuser, enge, kurvige Straßen, veraltete oder im Umbau befindliche Hotels und ein zerbombter Hotelkomplex inmitten der Strandpromenade: Das ist Neum. Dieser verschlafene Küstenort in Bosnien und Herzegowina würde wahrlich keinen Schönheitswettbewerb gewinnen. Seit dem EU-Beitritt von Nachbar Kroatien vor einem Jahr hat Neum jedoch an Bedeutung gewonnen.
Denn um aus der EU nach Dubrovnik zu gelangen, muss man wegen des 20 Kilometer langen Landstücks der Gemeinde Neum zwei Grenzübergänge passieren. Die Grenzübergänge gelten als Nadelöhr und Ärgernis für Touristen und Kroaten gleichermaßen. Zwar wurde die Grenzstation genau aus diesem Grund im Zuge der Vorbereitungen auf Kroatiens EU-Beitritt vergrößert und Pkw und Reisebusse werden großteils nur durchgewunken, doch das Problem, dass Kroatiens Territorium getrennt ist, bleibt.
„Die Peljesac-Brücke ist notwendig“, sagt Nikola Dobroslavic, Gespan (Landeshauptmann) der Gespanschaft Dubrovnik-Neretva. Die Brücke, mit der der nördliche Teil der Gespanschaft mit der Halbinsel Peljesac verbunden werden könnte, ist ein kostspieliges Bauvorhaben, das vor fünf Jahren eingestellt und nach dem EU-Beitritt wieder aufgewärmt wurde. Laut einer Studie französischer Experten, die im Auftrag der EU-Kommission die beste Lösung für das Zusammenführen des Staatsgebiets finden sollten, ging die Brücke als beste Lösung hervor, weil nur sie innerhalb der EU-Grenzen bliebe. Zur Auswahl standen noch ein Tunnel und eine gut abgesicherte Straße. Ob und wann die Peljesac-Brücke gebaut wird, ist eine andere Frage. Die Kosten der etwa 2,4 Kilometer langen Brücke würden sich auf etwa 285 Mio. Euro belaufen.
Laut Dobroslavic gehe es jedoch nicht nur um die störenden Passkontrollen, sondern auch um die wirtschaftliche Entwicklung der Halbinsel Peljesac und der umliegenden Inseln wie Korcula, die die Brücke notwendig machen. „Das sind die weniger entwickelten Gebiete der Gespanschaft, die durch die bessere Anbindung einen Entwicklungsschub erfahren würden“, so der Politiker. Für den Bau der Brücke wäre keine Zustimmung seitens des Nachbarlandes notwendig, bei den zwei anderen Lösungen jedoch schon, gab er zu bedenken. „Hier hat die Studie gezeigt, dass die anderen Lösungen gar nicht realistisch sind, weil es ein exterritorialer Korridor wäre. Das mit einem anderen Staat zu vereinbaren ist so gut wie unmöglich, geschweige denn mit Bosnien und Herzegowina, das als Staat leider nicht funktioniert.“
Während in der Hauptstadt Sarajevo gegen die Peljesac-Brücke gewettert wurde, weil die Brücke die Schifffahrt Richtung Bosnien und Herzegowina behindern würde, sieht man die Lage in Neum entspannt. Für die Bewohner hat sich durch den EU-Beitritt Kroatiens nichts verändert, sagen sie, und bis Kroatien dem strengen Schengen-Grenzregime beitritt und die Peljesac-Brücke gebaut wird, wird noch viel Zeit vergehen.
Der Hotelier Davor Kresic kann dem EU-Beitritt Kroatiens nur Positives abgewinnen: „Ehrlich gesagt, hat es uns sogar etwas gebracht. Die Grenze ist jetzt größer und gilt als Grenze light, weil man davon ausgeht, dass die Ausländer, die sie passieren, zu irgendeinem Zeitpunkt schon kontrolliert wurden.“ Das Problem mit der Peljesac-Brücke sei ausschließlich politischer Natur, so Kresic: „Neum wird nur für politische Abrechnungen genützt“, sagt der Hotelier, der die Beschwerden aus Sarajevo gegen die Brücke als Angriff auf die Tourismusregion versteht. „Wenn bei der Tourismusmesse in München Broschüren zu Bosnien und Herzegowina verteilt werden, fehlt darin Neum“, erzählte er verärgert.
Die einzige Anbindung ins Landesinnere sei eine Straße, die Hotelier Kresic wegen ihrer geringen Kapazität „Ziegenpfad“ nennt, und weswegen die eigenen Landsleute keine Lust haben, nach Neum zu kommen. „Neum ist so klein, dass man es mit wenig Geld vergolden könnte. Anstatt dass man das nützt, werden wir vernachlässigt.“ Für die Ruine am Strand gibt es jedoch noch Hoffnung: Das im Jugoslawienkrieg zerschossene Hotel soll privatisiert werden und möglicherweise schon in der kommenden Saison in Betrieb gehen.
Für Kroatien hingegen gilt es, auf die Peljesac-Brücke zu warten. Solange die EU-Kommission nicht grünes Licht gibt, kann nicht gebaut werden. Die Finanzierung würde aus EU-Fonds erfolgen. Eine Entscheidung dazu wird im Herbst, spätestens jedoch bis Jahresende erwartet.