StPO-Reform: Heftige Kritik an Regierungsvorlage
Walchsee/Wien (APA) - Teils heftige Kritik hat Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) am Dienstag beim 23. Forum der Staatsanwälte im Ti...
Walchsee/Wien (APA) - Teils heftige Kritik hat Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) am Dienstag beim 23. Forum der Staatsanwälte im Tiroler Walchsee an der geplanten Reform der Strafprozessordnung (StPO) geerntet. Diese soll die „große“ StPO-Reform 2008 abrunden und zwischenzeitlich entstandenem „Änderungsbedarf“ nachkommen und wird am Mittwoch als Regierungsvorlage im Justizausschuss des Parlaments behandelt.
Nachdem Friedrich Koenig, Leiter der Abteilung für Strafverfahrensrecht im Justizministerium, die Kernpunkte des Entwurfs präsentiert hatte, setzte es einige sehr kritische Wortmeldungen. Gerhard Jarosch, Präsident der Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, stieß sich vor allem an der kurzen Begutachtungsfrist im Gesetzwerdungsprozess. Man habe den Staatsanwälten lediglich eine Frist von 16 Tagen zugestanden: „Das ist verheerend.“ Man könne sich da keine qualitativ hochwertige Arbeit erwarten: „Heute muss alles schnell gehen, damit ich morgen in den Schlagzeilen bin.“
Die Staatsanwälte-Vereinigung sei mit diesem Vorgehen nicht einverstanden: „Wir haben dafür in der Öffentlichkeit einen Justizminister getögelt. Und wir werden es weiter tun. Wir brauchen die Zeit, um die Qualität zu liefern, die man von uns erwartet.“
Werner Pleischl, seit Anfang Juni Chef der Generalprokuratur und bis dahin Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, kritisierte vor allem das Mandatsverfahren, das wieder eingeführt werden soll: „Wieso man das eigentlich braucht, weiß ich nicht. Dem Minister scheint das ein südburgenländischer Bezirksrichter eingeredet zu haben.“ Sinn mache das keinen: „Da kostet die Suppe mehr als das Fleisch.“
Pleischl stichelte auch in Richtung der Beamtenschaft, die den Gesetzesentwurf „abgeschottet“ und unter Nichteinbeziehung von Praktikern erarbeitet hätte: „Und jetzt knallt‘s uns was her.“
Die StPO-Reform soll unter anderem den Zeitpunkt des Beginns eines Strafverfahrens präzisieren. Dazu wird der Begriff „Anfangsverdacht“ eingeführt und zwischen bloß Verdächtigem und Beschuldigtem unterschieden. Vorgesehen ist auch eine amtswegige Überprüfung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens durch das jeweilige Landesgericht. Grundsätzlich muss die Staatsanwaltschaft nach Ablauf von drei Jahren dem Gericht die lange Verfahrensdauer erklären. Auf die Frage, ob dieser Schritt zwangsläufig das Ende der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungstätigkeit bedeute, erwiderte Abteilungsleiter Koenig vom Justizministerium: „Solange ich vom Gericht her keine Entscheidung hab‘, kann ich arbeiten.“