Waffenruhe als letzter Ausweg? - Deutscher Außenminister in Kiew

Kiew (APA/dpa) - Schwierige Zeiten erfordern ungewöhnliche Verabredungen. Punkt Mitternacht trifft der deutsche Außenminister Frank-Walter S...

Kiew (APA/dpa) - Schwierige Zeiten erfordern ungewöhnliche Verabredungen. Punkt Mitternacht trifft der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier in seinem Kiewer Hotel die Schweizer Diplomatin Heidi Tagliavini. Die 64-Jährige ist im Auftrag der OSZE unterwegs, um in der Ukraine-Krise zwischen Kiew und Moskau zu vermitteln.

Gerade erst ist sie von einer Reise mit dem früheren ukrainischen Präsidenten Leonid Kutschma und dem russischen Botschafter Michail Surabow aus dem von Kämpfen erschütterten Osten des Landes zurückgekehrt. Mit von der Partie war auch der prorussische Oligarch Viktor Medwedtschuk. Er gilt als Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der sogar Pate seines Kindes ist.

Tagliavini kann Steinmeier einen Erfolg dieser relativ überraschenden „Friedensmission“ vermelden. Die Separatisten stimmten einer Vereinbarung mit vier Punkten zu: Waffenruhe bis zu diesem Freitag, Überwachung der Feuerpause durch die OSZE, weitere Gespräche zur Sondierung von Verhandlungen und Freilassung von acht festgehaltenen OSZE-Beobachtern.

Wieder einmal gibt es also einen Hoffnungsschimmer in der Ukraine-Krise. Steinmeier hat davon bei seinen Reisen nach Kiew, Donezk, Odessa oder St. Petersburg in den vergangenen Wochen schon einige erlebt. Fast immer folgte eine Enttäuschung.

Entsprechend vorsichtig äußert sich der deutsche Außenminister in Kiew. „Wer sich auskennt, wer ein bisschen Erfahrung hat mit Konflikten dieser Art, der weiß, dass man in einer solchen Situation nicht zu optimistisch sein darf“, sagt er.

Steinmeier weiß aber auch, dass die Waffenruhe und der Friedensplan des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko möglicherweise die letzte Chance bieten, zu einer Lösung der Krise zu gelangen. „In diesem Friedensplan könnte der Wendepunkt zur Deeskalation und Beruhigung der Lage liegen“, sagt er.

Doch wie kann das funktionieren? In erster Linie geht es Steinmeier bei seinem Gespräch mit Poroschenko in Kiew darum, eine Verlängerung der ohnehin brüchigen Feuerpause zu erreichen. Die wenigen Tage bis Freitag dürften kaum reichen, das für Verhandlungen notwendige Vertrauen zwischen Regierung und Separatisten aufzubauen.

Zudem soll der Auftrag der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erweitert werden. Sie soll die Einhaltung der Waffenruhe überwachen. Und Russland soll mitmachen.

Danach müssen auch die anderen Punkte von Poroschenkos Friedensplan mit Substanz gefüllt werden. Bisher besteht das Papier nur aus Überschriften: Sicherheitsgarantien für alle Teilnehmer an Verhandlungen, Freilassung von Gefangenen, Schaffung einer Pufferzone von zehn Kilometern an der russisch-ukrainischen Grenze, Abzug illegal bewaffneter Formationen, Entwaffnung.

Auf jeden Fall muss alles ziemlich schnell gehen. „Dies sind historische, vielleicht entscheidende Tage für die Ukraine“, sagt Steinmeier. Die Gefechtslage im Osten war am Dienstag zunächst nicht ermutigend. Die Regierungskräfte und prorussischen Separatisten beschuldigten sich gegenseitig, die Waffenruhe zu brechen.