Volksanwaltschaft als Vorbild für chinesische „Xinfang“-Reformen?

Wien (APA) - Das System der österreichischen Volksanwaltschaft könnte als Vorbild für eine Reform des chinesischen Ombudsmannwesens („Xinfan...

Wien (APA) - Das System der österreichischen Volksanwaltschaft könnte als Vorbild für eine Reform des chinesischen Ombudsmannwesens („Xinfang“) dienen. Dieser Ansicht ist der Leiter des österreichischen Instituts für China- und Südostasienforschung, Gerd Kaminski.

Zu den Beschlüssen des Volkskongresses in Peking vom November 2013 zählt auch eine Reform des chinesischen Beschwerdewesens, das es in verschiedenen Formen schon seit kaiserlichen Zeiten existiert. Laut Kaminski ist im Gegensatz zu Europa für die meisten Chinesen eher wichtig, dass jemand zuhört und dass es eine Entschuldigung gegenüber dem Beschwerdeführer gibt. Das sei in Österreich eher zweitrangig, so Kaminski bei dem zweitägigen internationalen Symposium „Wer hört auf die Bürger? Beschwerdewesen in China und Europa“, das am Dienstag im Wiener Palais Trautson zu Ende ging.

Die Struktur des Beschwerdewesens in China ist unterschiedlich zu Österreich, die Anliegen ähneln sich. Eine Beschwerde kann per Brief oder bei Beschwerdeämtern eingereicht werden, möglich ist sie auf Dorf-, Gemeinde-, Kreisstadt-, Provinz- sowie auf höchster Ebene, also in Peking. Ansprechpartner ist zumeist der jeweilige Vizeparteisekretär, im Gegensatz zum unabhängigen Volksanwalt in Österreich. Das Problem sei, dass mit Beschwerdeführern oft „unangenehm“ umgegangen werde, so Kaminski. Das gehe bis hin zu illegaler Inhaftierung oder Einweisung in die Psychiatrie oder der Betroffene verschwinde ganz einfach. Es komme zwar auch zu Verurteilungen von „Übeltätern“, wenn der Beschwerde recht gegeben wurde, aber dann handle es sich oft um relativ milde Strafen.

Die meisten Beschwerden - zwischen 2003 und 2007 soll es bis zu zehn Millionen geben haben, denen bei weitem nicht allen nachgegangen wurde, auch aus Zeit- und Personalgründen - beziehen sich auf Grundstücksspekulationen, ungerechtfertigt eingehobene Abgaben, die mangelnde Sicherheit bei Lebensmitteln und Medikamenten und in den vergangenen Jahren immer mehr Umweltsünden.

Ein weiteres Problem laut Kaminski: Bisher waren die Verwaltungseinheiten zur „Stabilitätserhaltung“ verpflichtet, bei einem gewissen Budget. Wenn nun eine Metallschmelze in einem Dorf „das Grundwasser unendlich verschmutzt“ und ein Anrainer sich via Xinfang beschwert, befinden sich die Behörden in einer Zwickmühle. Ein Schließen der Schmelze vermindere die Einkünfte für das Budget, eine Beschwerde bis hinauf nach Peking ist ein Beförderungshindernis. Die zuständigen Behörden seien auch sehr schlecht bezahlt und ausgebildet und hätten kaum Rechtskenntnisse. Hier müsste mit besserer Bezahlung und Ausbildung angesetzt werden, sagte Kaminiski zur APA, denn: „Das chinesische Sprichwort sagt: Ein hungriger Beamter ist ein schlechter Beamter“. Mit 1. Mai 2014 seien jedoch einige neue, teils verbessernde Bestimmungen in Kraft getreten. Nun gebe es Fristen, innerhalb derer die Beschwerde erledigt werden müsse; und Gerichtsurteile können über Xinfang nicht mehr angefochten werden.

Laut Volksanwalt Günther Kräuter habe es die ersten konkreten Schritte zu dem Symposium vor rund einen Jahr gegeben, beschleunigend habe noch der Wille von Parteichef Xi Jinping gewirkt, gegen die Korruption vorzugehen und als Teil dessen das Beschwerdewesen zu reformieren. „Das Hauptkriterium einer Beschwerdestelle wie der Volksanwaltschaft ist die Unabhängigkeit und die Selbstwahl der Mitarbeiter, das ist in China nicht verwirklicht“. Ziel müsse es sein, eine schrittweise Verbesserung herbeizuführen, so der Volksanwalt, und das Interesse daran sei steigend.

Dass der Veranstaltung auch von seiten des offiziellen China Bedeutung beigemessen werde, könne man an der Teilnahme von Qi Xuchun ablesen. Dieser ist neben seiner Funktion als Vizepräsident der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes - einem der höchsten Beratungsgremien des Regimes - auch stellvertretender Vorsitzender des Ständigen Ausschusses des chinesischen Parlaments.