Schuld- und Freispruch in Abhörskandal um „News of the World“
Der Prozess um die Abhöraffäre rund um das britische Tabloid „News of the World“ ist damit vorerst zu Ende. Das Magazin selbst wurde bereits 2011 eingestellt.
London – Der Prozess um die Abhöraffäre des eingestellten britischen Boulevardblatts „News of the World“ ist vorerst zu Ende gegangen. Während der frühere Chefredakteur Andy Coulson umfangreicher Schnüffelei für schuldig befunden wurde, sprach das Gericht seine Vorgängerin auf dem Posten, Rebekah Brooks, in elf Anklagepunkten frei.
Der Prozess hatte wegen der Verbindungen Coulsons zu Premierminister David Cameron besondere Brisanz. Der Urteilsspruch der Jury fiel nach achttägigen Beratungen, der Prozess ging über 130 Verhandlungstage. Coulson droht nun eine Haftstrafe, das Strafmaß steht aber noch nicht fest. Brooks, eine enge Vertraute des australischen Medienmoguls, konnte hingegen nicht nachgewiesen werden, in das Abhören von mehr als 600 Mobiltelefonen teils sehr prominenter Opfer verwickelt gewesen zu sein.
Abhörskandal mit politischer Brisanz
Der Abhörskandal hatte hohe Wellen geschlagen. Murdoch sah sich im Juli 2011 gezwungen, das Boulevardblatt endgültig zu schließen. Coulson musste später von seinem Posten als Pressesprecher Camerons, den er nach seiner Chefredakteurszeit angetreten hatte, zurücktreten. Die Nähe zur Regierung gab der Affäre besondere politische Brisanz. Cameron entschuldigte sich am Dienstag öffentlich dafür, Coulson eingestellt zu haben.
Unter den Abhöropfern waren neben Politikern auch Mitglieder des Hofs und andere Prominente. Für Empörung sorgte vor allem, dass auch Angehörige getöteter Soldaten und Verbrechensopfer abgehört wurden. Unter diesen war auch eine vermisste britische Schülerin, die im Jahr 2002 schließlich ermordet aufgefunden wurde.
In der Wahrnehmung des Verfahrens drehte sich ohnehin vieles um Brooks‘ schillernde Person. Die 46-Jährige hatte sich in der männerdominierten britischen Medienwelt zielstrebig nach oben gearbeitet und schreckte Berichten zufolge vor wenig zurück. Einmal verkleidete sie sich demnach etwa als Putzfrau und versteckte sich zwei Stunden lang in einer Toilette bei einer Konkurrenzzeitung, um deren Frühausgabe zu stehlen. Für die Boulevardmedien spielte zudem eine außereheliche Affäre zwischen Coulson und Brooks eine zentrale Rolle.
Coulson hatte im April zugegeben, die Bestechung eines Polizisten gebilligt zu haben. Der Vorfall liegt elf Jahre zurück: Damals bat der damalige Palastreporter Clive Goodman um Zustimmung, einem Polizisten ein Telefonbuch der Königsfamilie für 1.000 Pfund (heute etwa 1.250 Euro) abkaufen zu dürfen. Trotz der Warnung, dies könne die Betroffenen auf die Anklagebank bringen, gab Coulson nach eigenen Angaben grünes Licht.
Coulson nach Job bei „NoW“ bei Premier Cameron
Der 46-Jährige verließ die „News of the World“ im Jahr 2007, nachdem Goodman wegen des Abhörens von Prominententelefonaten zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden war. Er fand im Kommunikationsteam von Cameron einen neuen Job. Da der Skandal und die Praktiken der Zeitung die Öffentlichkeit weiter beschäftigten, sah sich Coulson im Jahr 2011 zum Rücktritt als Camerons Kommunikationschef gezwungen.
Das Urteil vom Dienstag betraf auch Brooks‘ Ehemann Charlie, den Sicherheitschef von Murdochs Verlag „News International“, Mark Hanna, Brooks‘ frühere Assistentin Cheryl Carter und den ehemaligen Redaktionsleiter Stuart Kuttner, die allesamt freigesprochen wurden. Das Gericht behielt sich jedoch vor, gegen Coulson und Goodman weitere Verfahren anzustrengen. (APA/AFP)