Frankreichs Staatsrat lässt Abschaltung von Geräten bei Gelähmtem zu

Paris/Straßburg (APA) - Der Staatsrat in Paris hat am Dienstag zugestimmt, dass die künstliche Ernährung eines querschnittsgelähmten 38-jähr...

Paris/Straßburg (APA) - Der Staatsrat in Paris hat am Dienstag zugestimmt, dass die künstliche Ernährung eines querschnittsgelähmten 38-jährigen Mannes beendet wird. Dies hatten zuvor dessen Ärzte, seine Frau, sechs Geschwister und ein Neffe gefordert. Die Eltern und zwei andere Geschwister wollen die künstliche Ernährung fortsetzen und zogen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Der Mann ist seit einem Verkehrsunfall vor sechs Jahren querschnittsgelähmt, laut seinen Ärzten sind nur noch geringfügige Bewusstseinsanzeichen vorhanden. Nachdem der Kranke mehrfach Widerstand gegen seine weitere Pflege hatte erkennen lassen, beschloss die Uni-Klinik in Reims bereits im vergangenen Jahr zusammen mit der Frau und weiteren Angehörigen, passive Sterbehilfe zu leisten.

Schon damals hatten die Eltern geklagt und sich vor Gericht durchgesetzt. Im Jänner bekamen die stark in der katholischen Religion verwurzelten Eltern vor einem Gericht in Chalons-en-Champagne im Nordosten Frankreichs erneut Recht.

Nun entschied das oberste Verwaltungsgericht in dem Fall, der die französischen Öffentlichkeit seit Monaten bewegt, dass die Geräte bei Vincent Lambert abgestellt werden dürfen. Das Gericht folgte damit der Ansicht des staatlichen Berichterstatters, der am Freitag die Auffassung vertreten hatte, der 38-Jährige werde „künstlich“ am Leben gehalten.

Bei seiner Entscheidung berief sich der Staatsrat auf ein Gesetz zur passiven Sterbehilfe in Frankreich, das überarbeitet werden soll. Das Oberste Gericht erläuterte, dass auch „der schlimmste Gesundheitszustand, einschließlich des unwiederbringlichen Verlusts allen Bewusstseins, nie reichen kann, um die Einstellung der Behandlung zu rechtfertigen“. Doch müsse auf den Willen des Patienten besonderer Wert gelegt werden, der in diesem Fall klar geäußert habe, dass er nie künstlich am Leben erhalten werden wolle.

„Ich hätte gerne (...), dass Vincent würdig, ruhig gehen darf“, sagte Ehefrau Rachel am Dienstag dem Sender Europe 1. Die Eltern des 38-Jährigen, die offenbar bereits mit dem Urteil gerechnet hatten, hatten schon am Montag den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg angerufen. Sie fordern eine einstweilige Anordnung gegen das Abstellen der Geräte bei ihrem Sohn. Der Gerichtshof könnte sich sehr bald damit befassen.

Wie in den meisten europäischen Staaten ist in Frankreich die aktive Sterbehilfe verboten, aber auch die Beihilfe zur Selbsttötung. In einem Gesetz aus dem Jahr 2005 ist aber das Recht verankert, unheilbar Kranke an deren Lebensende „sterben zu lassen“, damit diese nicht mehr leiden müssen.

~ WEB http://www.echr.coe.int/echr/ ~ APA657 2014-06-24/19:51