1914/2014 - „Vidovdan“ als schicksalhaftes Datum für die Serben

Wien (APA) - Das Attentat von Sarajevo, das sich diesen Samstag zum 100. Mal jährt, fand an einem für das serbische Volk mythischen Datum st...

Wien (APA) - Das Attentat von Sarajevo, das sich diesen Samstag zum 100. Mal jährt, fand an einem für das serbische Volk mythischen Datum statt. Seit der verheerenden Niederlage gegen die Türken auf dem Amselfeld (Kosovo Polje) im Jahr 1389 ist der Vidovdan (St. Veitstag) ein National- und Trauertag für die Serben. Bis zur Neuzeit ereigneten sich am Vidovdan immer wieder schicksalhafte Ereignisse:

~ 1389 - In der Schlacht auf dem Amselfeld (Kosovo Polje), dem

Becken von Pristina, werden die Serben von den Türken

besiegt. Es folgt eine 500-jährige Herrschaft der Osmanen.

Als Vidovdan wird der 28. Juni zum nationalen Trauertag des

serbischen Volkes. Erst 1878 erlangte Serbien unter der

Dynastie Obrenovic seine Souveränität zurück.

1881 - Mit einem Geheimvertrag begibt sich Serbien in außenpolitische

Abhängigkeit von Österreich-Ungarn. Er sieht unter anderem

vor, dass Belgrad keine Staatsverträge ohne Zustimmung Wiens

abschließen darf. Im Gegenzug erwirkte Österreich-Ungarn die

Anerkennung Serbiens durch die Großmächte.

1914 - Ausgerechnet um den serbischen Trauertag hält die k.u.k.

Armee Manöver in dem von den Serben beanspruchten

Bosnien-Herzegowina ab, inspiziert von Thronfolger Franz

Ferdinand. Dieser besucht mit seiner Ehefrau Sophie am

Vidovdan selbst die bosnische Hauptstadt Sarajevo, wo

mehrere Attentäter auf ihn warten. Der bosnisch-serbische

Gymnasiast Gavrilo Princip erschießt das Paar. Einen Monat

später erklärt Österreich-Ungarn Serbien den Krieg.

Der Erste Weltkrieg bricht aus.

1921 - Die „Vidovdan-Verfassung“ wird verabschiedet. Kritiker sehen

den in dieser Verfassung verankerten Zentralismus die

entscheidende Ursache für die künftige Lähmung des

Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS). Dieser

erste südslawische Staat wird 1929 in Jugoslawien umbenannt.

1948 - Die Kommunistische Partei Jugoslawiens (KPJ) wird aus dem

kommunistischen Informationsbüro (Kominform) ausgeschlossen.

Der „Ungehorsam“ Titos gegenüber der Vormachtstellung Moskaus

war der erste Bruch in der kommunistischen Welt. Das Datum des

Ausschlusses wurde als gezielte Provokation gegenüber Belgrad

angesehen.

1989 - Eine Million Serben gedenkt auf dem Amselfeld der Niederlage

gegen die Türken vor 600 Jahren. Nationale und

nationalistische Parolen prägen die Kundgebungen. Der damalige

serbische Kommunistenchef Slobodan Milosevic schwingt sich mit

einer flammenden Rede zum nationalistischen Hoffnungsträger

auf. Es folgen mehrere blutige Kriege, in denen Jugoslawien

zerfällt.

1990 - Durch eine Verfassungsänderung verlieren die Serben in

Kroatien den Status einer Staatsnation.

2001 - Milosevic wird an das UNO-Tribunal in Den Haag ausgeliefert,

von dem er wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die

Menschlichkeit und Völkermord angeklagt wurde. Der serbische

Ministerpräsident Zoran Djindjic entscheidet sich auf

internationalen Druck zur Auslieferung. Milosevic soll

bei seiner Auslieferung einen Beamten nur gefragt haben:

„Wissen Sie, dass heute Vidovdan ist?“.

2006 - Montenegro, das als letzte jugoslawische Teilrepublik die

Unabhängigkeit erlangte, wird als 192. Mitglied in die

Vereinten Nationen aufgenommen. ~