Lustiges Leiden und großer Glass: Bruckner Orchester im Musikverein

Wien (APA) - Mit einer überraschend gut gelaunten Leidensgeschichte Jesu und seinem Säulenheiligen Philip Glass hat das Bruckner Orchester a...

Wien (APA) - Mit einer überraschend gut gelaunten Leidensgeschichte Jesu und seinem Säulenheiligen Philip Glass hat das Bruckner Orchester am Dienstag seinen Zyklus im Musikverein beschlossen. Dabei stellte man vor allem die Kennerschaft von Glass‘ Oeuvre unter Beweis, verbindet die Linzer mit dem Amerikaner doch eine Beziehung, wie es sie zwischen Orchester und lebendem Komponisten heutzutage kaum noch gibt.

Ins Programm hatte Chefdirigent Dennis Russell Davies diesesmal die 9. Symphonie genommen, die vom Bruckner Orchester 2012 uraufgeführt und mittlerweile auch auf CD eingespielt wurde. In spätromantischer Besetzung verweigert das Werk die klassische Einteilung der Sätze in schnell und langsam, sondern besteht aus drei Teilen, die jeweils ein mächtiges Crescendo in der Mitte aufweisen.

Wie oft bei Glass bilden die kleinen, repetitiven Motive der Streicher gleichsam als Basso Continuo den Humus, auf dem dann die anderen Instrumentengruppen sprießen. Sich überlagernde Rhythmen der einzelnen Gruppen stellen dabei eine der Herausforderungen der Interpretation dar. Da entspinnt sich ein rastloses, von den Percussionisten angetriebenes Jagen, um sogleich im vollen Lauf zu bremsen.

Glass löst die Spannung der Crescendi nie auf, hier kommt nichts zum Höhepunkt. In gewissem Sinne spielt das Werk mit den Erwartungen der Zuschauer an dramaturgische Abfolgen und behält bei diesem fast humorvollem Ansatz durchgängig eine dunkle Grundierung bei. Zum Schluss verabschiedet sich die Musik dann so leise wie sie gekommen war und lässt die zwischenzeitlichen Ausbrüche hinter sich.

Einen gänzlich anderen Charakter weist da „Nazareno“ des Argentiniers Osvaldo Golijovs auf, der südamerikanische, afrikanische und arabischen Elemente vereint - stilistisch irgendwie ganz passend in Zeiten, in denen die Augen der Welt ansonsten auf Brasilien gerichtet sind. Das Werk entspinnt über sechs Sätze eine Tanzrhythmik, die zwischen Salsaparty und wenigen zurückgenommenen Passagen changiert. Wenn man sich als Zuhörer gerade in chilligen Bossa-Nova-Klängen einlullt, zieht Golijov wieder die Zügel an und jagt Bläser und Schlagwerk zum Crescendo-Dauerfeuer.

Die beiden schwesterlichen Pianistinnen Katia und Marielle Labeque hatten mit ihren beiden Flügeln und einer jazzigen Stimmführung rein klanglich kaum eine Chance gegen diese hybriden Klänge im Dauerforte. Dass diese Suite das Neuarrangement einer Vokal-Passion durch den auch im Musikverein mitjammenden Schlagwerker Gonzalo Grau ist, ist jedenfalls höchst verwunderlich. Am Ende standen höflicher Applaus für Golijovs „Nazareno“ und Bravorufe für Glass‘ Monumentalwerk.

In der kommenden Saison folgen dann bis 24. Mai 2015 drei weitere Konzerte des Bruckner Orchesters im Musikverein - unter dem Motto „Russland“, „Böhmen“ und „Afrika singt“. Letzteres wird am 15. März mit „Ife: Three Yoruba-Songs for Mezzo-Soprano and Orchestra“ dann erneut ein Werk von Glass enthalten.

(S E R V I C E - www.musikverein.at und www.bruckner-orchester.at)