Fußball-WM-Trainer: Auslaufmodelle, Dauerbrenner und Billigkräfte
Rio de Janeiro (APA/dpa) - Für einen Weltmeister-Trainer gelten viele Regeln: Er kam bisher immer aus dem eigenen Land, triumphierte nur in ...
Rio de Janeiro (APA/dpa) - Für einen Weltmeister-Trainer gelten viele Regeln: Er kam bisher immer aus dem eigenen Land, triumphierte nur in Ausnahmefällen bereits als Spieler und gab zuletzt häufig nach dem Titelgewinn das Amt auf. Eine statistische Analyse der aktuellen Coaches im WM-Turnier von Brasilien:
Ex-Weltmeister: Didier Deschamps (Frankreich) und Jürgen Klinsmann (USA) haben die Chance auf den Sprung in einen ganz illustren Kreis. Nur Franz Beckenbauer (1974 und 1990) und Brasiliens Mario Zagallo (1958/1962 und 1970) triumphierten bisher sowohl als Spieler und als Trainer.
Auslaufmodelle: Von Amtsmüdigkeit ist bei Louis van Gaal keine Spur. Auch wenn sein Abschied nach der WM bereits feststeht, führte der General das niederländische Team locker mit drei Siegen in die K.o.-Runde. Ein Erfolgsmodell: Nur einer der sechs vergangenen Weltmeistertrainer betreute seine Mannschaft direkt im Anschluss an den Triumph noch bei einem Großereignis - nach dem Titel 2010 scheiterte Spaniens Vicente del Bosque in Brasilien nun aber früh. Einzig dem Italiener Vittorio Pozzo (1934/1938) gelang es bisher, seinen Erfolg zu wiederholen.
Theoretiker: Nur die Hälfte aller 32 Trainer der WM-Teilnehmer blickt auf eine eigene Länderspiel-Karriere zurück, Ex-Salzburg-Profi Niko Kovac stand für Kroatien sogar vor acht Jahren noch selbst bei einer WM auf dem Platz. Ein Blick in die Geschichte lässt beide Wege zum Titel offen: Acht der 18 verschiedenen Weltmeistertrainer trugen nie das Nationaltrikot.
Südamerikaner: Das WM-Trainergeschäft ist traditionell eurozentristisch - 19 von 32 Coaches kommen vom alten Kontinent. In Brasilien vertrauen allerdings auffallend viele Mannschaften auf Fachkenntnis aus Südamerika: Von diesen acht Trainern stammen jeweils drei aus Argentinien und drei aus Kolumbien. Die sechs wiesen bis Dienstagabend mit vier Achtelfinalqualifikationen und 31 von 45 möglichen Punkten eine hervorragende Bilanz auf.
Gastarbeiter: Gleich 14 Nationen starteten in Brasilien einen statistisch bisher unmöglichen Versuch - noch niemals führte ein ausländischer Trainer eine Nationalauswahl zum WM-Titel. Vor allem die Teams aus Afrika (2), Asien (1) sowie Nord- und Mittelamerika (1) vertrauen kaum einheimischen Kräften. „Ich akzeptiere nicht, dass man einen mittelmäßigen Coach aus Europa herbringt und mir dann sagt, dass er besser als ich sei“, schimpfte Nigerias Stephen Keshi über dieses Phänomen.
Billigkräfte: Dass ein niedriges Gehalt nicht gleichbedeutend mit minderer Qualität ist, beweist Miguel Herrera. Als - Medienberichten zufolge - am schlechtesten bezahlter Coach aller Teilnehmer führte er Mexiko zum sechsten Mal in Serie ins Achtelfinale. Für die Topverdiener läuft es hingegen äußerst schlecht. Der fürstlich honorierte Fabio Capello steht mit Russland vor dem Aus, Englands Roy Hodgson und Cesare Prandelli aus Italien scheiterten als Nummer zwei und drei der inoffiziellen Rangliste überraschend früh.
Dauerbrenner: Einzig der Uruguayer Oscar Tabarez ist länger im Amt als Joachim Löw, der Deutschland bereits beim vierten großen Turnier als Bundestrainer anführt. Ein gutes Omen für die DFB-Elf: Auch Helmut Schön und Franz Beckenbauer als Hauptverantwortliche der beiden vergangenen deutschen Weltmeisterauswahlen (1978 bzw. 1990) nahmen zunächst einen vergeblichen Anlauf auf den größten Titel.