Belgrad: Geschlossene Museen und Pläne für ein „serbisches Dubai“

Belgrad (APA) - Das Kulturleben in der serbischen Hauptstadt Belgrad ist von einem Kontrast geprägt: Während zwei führende staatliche Kultur...

Belgrad (APA) - Das Kulturleben in der serbischen Hauptstadt Belgrad ist von einem Kontrast geprägt: Während zwei führende staatliche Kulturinstitutionen - das Nationalmuseum und das Museum der Gegenwartskunst - seit Jahren gesperrt sind, sorgt gleichzeitig private Initiative für Belebung eines der schäbigsten Stadtviertel.

Ehrgeizige Umbaupläne für die zwei Museen - in mancher Hinsicht Überbleibsel der kommunistischen Ära - sind aus Geldmangel gescheitert. Es habe keinen Sinn, die Schuldigen zu suchen, meint der Kulturminister Ivan Tasovac. Vielmehr gelte es, einen Weg zu finden, damit die Museen erneut ihre Tore öffnen. Mindestens zwei Generationen von Kunststudenten konnten während ihres Studiums nie die zwei wichtigsten Museen besuchen, lamentiert ein Belgrader Künstler. Gar nicht zu reden von anderen Bürgern und Hauptstadtbesuchern.

Wie er die Öffnung der Museen sichern will, sagte der Minister in einem Gespräch mit Journalisten aus mehreren EU-Staaten nicht. Auch nicht, ob die kürzlichen katastrophalen Überschwemmungen dazu führen werden, dass das knappe Budget seines Ministeriums noch knapper wird. Der 48-jährige Konzertpianist mit Struwwelpeter-Frisur war im Herbst an die Spitze des Ministeriums gekommen. Tasovac hatte zuvor 14 Jahre lang erfolgreich die Belgrader Philharmonie geleitet und ihr nach den 1990er-Jahren erneut auf die Beine geholfen. Nicht zuletzt durch auffallende Werbekampagnen. „Danke, weil Sie nicht in Konzerte kommen“, lautete vor Jahren das Motto, unter dem Philharmoniemitglieder ihre Straßenkonzerte abhielten. Im Ministersessel wirkt Tasovac wohl auch wegen der Geldknappheit überfordert.

Das unter Denkmalschutz stehende Nationalmuseum im Stadtzentrum, das kürzlich den 170. Jahrestag seiner Gründung feierte, wurde vor elf Jahren geschlossen. Rund 400.000 Objekte wurden für den geplanten Umbau verpackt. Dann stellte sich heraus, dass der Umbauplan zu kostspielig war. Auch ein späterer, bescheidener Plan scheiterte am Geld. Derzeit wird eine Sanierung des Gebäudes besprochen - Zeitpunkt ungewiss. Im Atrium des Museumsgebäudes finden unterdessen kleinere Ausstellungen statt. Die ständige Sammlung, zu welcher auch Werke weltberühmter Künstler wie Matisse, Picasso, Gauguin zählen, wartet unter Verschluss auf bessere Zeiten.

Während das Nationalmuseum laut Eingeweihten noch Chancen haben dürfte, in absehbarer Zeit seine Tore zu öffnen, scheint das Museum der Modernen Kunst, das womöglich die wichtigste Sammlung der einstigen jugoslawischen Künstler beherbergt, ein hoffnungsloser Fall zu sein. Die Umbauarbeiten an dem an der Mündung der Save in die Donau liegenden Beton-Glas-Gebäude aus dem Jahre 1957 wurden 2007 aufgenommen. Die erste Umbauphase wurde abgeschlossen, dann blieb das Geld aus. Man würde zwischen 6 und 7 Millionen Euro brauchen, um die Arbeiten abzuschließen, heißt es aus dem Museum. Dringend benötigt wird etwa eine Klimaanlage. In den Sommermonaten beträgt die Temperatur in den Ausstellungsräumen bis zu 50 Grad.

Am anderen Save-Ufer, im alten Stadtviertel Sava Mala, herrschen ganz andere Verhältnisse. In einer Lagerhalle befindet sich das Mikserhaus, ein Ausstellungsraum für junge Künstler und Designer. Das Mikserhaus steht - ganz wie der Name, eine Anspielung auf Mixer, andeutet - für verschiedene Kunstarten offen. Es handelt sich um eine Privatinitiative von Maja Lalic, einer Belgrader Architektin, die Sponsoren für ihre Projekte in der Privatwirtschaft findet. Mit Finanzhilfe des Kulturministeriums kann sie nicht rechnen. Manch ein Haus in der Umgebung von Mikserhaus zieren unterdessen Graffiti junger Künstler.

In einem zum Mikserhaus gehörenden Café drängen sich in den Morgenstunden junge Menschen mit ihren Laptops. Eine ungewöhnliche Atmosphäre in dem heruntergekommenen Stadtviertel, das noch vom regen Lastwagen-Verkehr an einer der Ausfallstraßen der Stadt geprägt ist, aber schon bald modernisiert werden soll. Das neben dem Mikserhaus liegende Gebäude einer einstigen Genossenschaftsbank wurde bereits renoviert.

Hier soll jene Firma aus den Vereinigten Arabischen Emiraten ihren Sitz haben, die drei Milliarden Euro in das Projekt „Belgrad an der Save“ stecken will. Auf etwa 80 Hektar soll Belgrad das Aussehen eines „serbischen Dubais“ erhalten. Einige alte Häuser in Sava Mala sollen abgerissen werden, um einem 210 Meter hohen Büro- und Wohnturm Platz zu machen. „Wir haben Kontakt zu den Investoren aufgenommen, um auf unsere Anliegen aufmerksam zu machen“, erzählt Maja Lalic. Bei dem Erneuerungsprojekt dürfe nicht das gesamte Flair des alten Belgrad vernichtet werden, meint die Architektin. Nicht nur sie denkt so.