Der normale Wahnsinn im Großformat
Felix Mitterers legendäre Piefke-Saga gilt es als Pointen-Feuer mit der Franz Kranewitter Bühne zu erleben.
Nassereith – Nicht selten wird Fiktion, die auf den ersten Blick geradezu absurd anmutet, von der Realität eingeholt. So verhält es ich auch mit Felix Mitterers „Piefke-Saga“. Betrachtete man zur Zeit der Entstehung der Real-Satire etwa die künstliche Beschneiung als lächerlichen Wahnsinn, so ist dieser Wahnsinn inzwischen ein flächendeckender, den Tourismus rettender. Dass man, wie auch aktuell, öffentlich Despoten die Schulter klopft, ist eine Charakterschwäche, die man in Österreich als Tradition pflegt. Mitterer zeigt dies herzzerreißend komisch in seiner Saga. Die Adaption des Klassikers als Bühnenfassung von Elmar Drexel sieht man derzeit in der Wendelingrotte Nassereith mit der Franz Kranewitter Bühne Nassereith unter der Regie von Deborah Carrer. Einmal mehr laufen sie zur Hochform auf, in ihrem breiten, klobigen Dialekt, die Nassereither Laienschauspieler, wenn es gilt, geldgeil Anbiederung auf niederstem Niveau zu betreiben und dabei aufzuzeigen, wie identitätsgefährdend es sein kann, auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten seine Waren feilzubieten. Freilich, eine Bühnenfassung der Kult-Satire bleibt immer problematisch und ist immer dazu verdammt, Pointen-Feuer auf Kosten der Gesellschaftskritik und Umweltproblematik zu betreiben. Treffsicher und punktgenau landen die Gags im Publikum, wenn sich die Urtiroler mit den hassgeliebten Piefkes ihren Schlagabtausch liefern.
Allen voran Thomas Seelos als skrupel- und charakterloser Opportunist in der Rolle des Tourismus-Obmanns. Dietmar Unterlechner als rechthaberischer Großkotz Karl-Friedrich Sattmann, an dem man sich nicht sattsehen kann, ein zwischen Realität und Wahnsinn hin- und hergetriebener Markus Falbesoner in der Rolle des Hoteliers und seine berauschend einnehmende, zugedröhnte Gattin Martina Wander. Eine stimmige und stimmungsvolle Gesamtleistung im Großformat. (hau)