„Eingriff in die Grundrechte“: VfGH kippt Vorratsdatenspeicherung
Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden: Sämtliche Bestimmungen zur Vorratsdatenspeicherung im Telekommunikationsgesetz, in der Strafprozessordnung sowie im Sicherheitspolizeigesetz sind außer Kraft zu setzen.
Wien – Der Verfassungsgerichtshof hat am Freitag die Bestimmungen zur Vorratsdatenspeicherung in Österreich mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Die Gesetze würden sowohl dem Grundrecht auf Datenschutz sowie Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, dem Recht auf Privat- und Familienleben, widersprechen, sagte Präsident Gerhart Holzinger bei der Verkündung der Entscheidung.
Eine Frist zur Reparatur wurde vom VfGH nicht gewährt. Sämtliche Bestimmungen zur Vorratsdatenspeicherung im Telekommunikationsgesetz, in der Strafprozessordnung sowie im Sicherheitspolizeigesetz seien mit dem Zeitpunkt der Kundmachung der Aufhebung außer Kraft zu setzen. Laut den Verfassungsrichtern handelt es sich dabei um einen „gravierenden Eingriff in die Grundrechte“, die nicht mit der Menschenrechtskonvention im Einklang stehen. Zudem sei die Verfolgung durch die Behörden mittels Vorratsdaten zu breit gestreut und würden nicht gezielt der Bekämpfung schwerer Verbrechen dienen.
Mit seiner Entscheidung gab der VfGH zwei privaten Antragstellern Recht, die nun von der Republik Österreich auch die Prozesskosten ersetzt bekommen müssen. Ein Antrag der Kärntner Landesregierung wurde zurückgewiesen, da dieser nicht ausreichend formuliert worden war.
Bures begrüßt „deutliche“ Entscheidung
Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) begrüßte am Freitag die deutliche Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zur Vorratsdatenspeicherung. Damit sei klar, dass die österreichischen Regelungen nicht im Einklang mit den Grundrechten stehen. Ob eine Nachfolgeregelung nötig ist, müssten Innen- und Justizressort entscheiden; die Vorratsdatenspeicherung „in dieser Form ist jedenfalls vom Tisch“.
Mit den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom April und dem jetzigen des VfGH sei klar, dass die Vorratsdatenspeicherung kein geeignetes Mittel für die Kriminalitätsbekämpfung ist. Diese sei freilich, ebenso wie der Schutz des Grundrechtes auf Privat- und Familienleben, eine zentrale Aufgabe des Staates. Wenn dafür neue Instrumente nötig seien, müssten Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Justizminister Wolfgang Brandstetter (beide ÖVP) diese entwickeln.
Bures war schon beim Beschluss der österreichischen Regelung - obwohl dies die Minimalvariante gewesen sei - „keine glühende Verfechterin“. Sie sieht ihre Skepsis durch die Gerichts-Entscheidungen bestätigt. Aber die jetzt aufgehobene Regelung sei damals - beim Beschluss im April 2011 - nötig gewesen, um drohende Strafzahlungen an die EU wegen Nicht-Umsetzung der Richtlinie abzuwehren.
Auch SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim begrüßte die Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung: „Auch der VfGH hat damit - wie schon der EuGH davor - die Bedenken der SPÖ bestätigt, dass die EU-Richtlinie weit überzogene Maßnahmen vorgesehen hat, die innerstaatlich umgesetzt werden mussten.“ (APA)