Vorübergehend nicht verfügbar
Mit bedenklichen Methoden fordert Online-Versand Amazon Rabatte von Verlagen. Autoren sprechen von einem „schmutzigen Wirtschaftskrieg“ des Internet-Riesen.
Innsbruck –Mitte Juni erschien in den USA „The Silkworm“, der neue, erneut unter dem Pseudonym Robert Galbraith verfasste Roman von „Harry-Potter“-Schöpferin J. K. Rowling. Gewöhnlich ermöglichte es Online-Händler Amazon, über den Schätzungen zufolge fast die Hälfte des US-Buchhandels abgewickelt wird, seinen Kunden in so einem Fall das Buch bereits Wochen vor Erscheinen vorzubestellen. Dieses Mal allerdings fehlte dieses Angebot. Und auch jetzt gibt Amazon Lieferzeiten von „bis zu vier Wochen“ an. Zum Vergleich: In Österreich wird das Buch innerhalb von drei Werktagen versendet. Nicht nur Rowlings Buch ist von dieser auf den ersten Blick mysteriösen Verzögerung betroffen. Auch bei Werken der Auflagenkönigin Stephenie Meyer („Twilight“) oder der Kritikerlieblinge David Foster Wallace und Donna Tartt heißt es „vorübergehend nicht verfügbar“. Gemein ist allen, dass ihre Werke im renommierten Verlagshaus Hachette erscheinen. Und an Hachette will der Online-Händler ein Exempel statuieren: Er fordert Rabatte im Einkauf von E-Books und – wie die New York Times berichtet – Zahlungen für bestimmte Angebote, das Aufscheinen auf Empfehlungslisten etwa oder eben die Möglichkeit, noch nicht erschienene Titel vorzubestellen. Nicht nur Hachette äußerte zuletzt seinen Unmut, auch betroffene Autorinnen und Autoren sparten nicht mit Kritik: James Pattinson, Verfasser der Alex-Cross-Krimis, sprach von einem „schmutzigen Wirtschaftskrieg“, Pulitzer-Preisträger Richard Russo ortet einen „Quasi-Monopolisten, der seine Macht ausnutzt“, TV-Komiker Stephen Colbert, dessen Buch „America Again“ ebenfalls betroffen ist, griff den Online-Vertrieb in seiner Sendung an, indem er Bücher vor laufender Kamera bei anderen Anbietern kaufte.
In dieser Woche äußerte auch der Börsenverein des deutschen Buchhandels ähnliche Vorwürfe gegen Amazon: Auch die Auslieferung von Titeln der Verlagsgruppe Bonnier, der u. a. die Publikumsverlage Ullstein und Piper angehören, würden seit Mai mutwillig verzögert, um dadurch höhere Rabatte beim Einkauf von E-Books zu erzwingen. Die Rede sei von Rabatten in Höhe von bis zu 50 Prozent, so die Dachorganisation der deutschen Buchbranche, die Beschwerde beim Bundeskartellamt einreichte. Von Amazon Deutschland wurde dieser Vorwurf mittlerweile dementiert. Eine Unternehmenssprecherin verwies gegenüber der Deutschen Presse-Agentur zudem darauf, dass es allgemein anerkannt sei, dass E-Books für Kunden günstiger sein sollten als gedruckte Bücher und sich dieses Verhältnis auch im Einkauf widerspiegeln sollte. Bonnier aber verlange für Digitalversionen ihrer Titel wesentlich mehr als für gedruckte Versionen.
Frankreichs Parlament hat indessen ein Gesetz verabschiedet, das den stationären Buchhandel besser vor der wachsenden Konkurrenz im Internet schützen soll. Das so genannte „Anti-Amazon-Gesetz“ untersagt es Versandhändlern, heruntergesetzte Bücher kostenlos zu verschicken. Amazon bezeichnete das Gesetz in einer ersten Reaktion als „diskriminierend“. (jole)