Pakistans Justiz setzte Rat für Minderheitenrechte ein
Das pakistanische Höchstgericht ordnete nach vermehrter Gewalt und Diskriminierung die Schaffung einer unabhängigen Beobachtungsstelle an.
Islamabad - Pakistans Oberstes Gericht hat die Bildung eines Nationalen Rates für Minderheitenrechte beschlossen. Kirchen und Menschenrechtsorganisationen begrüßten die Maßnahme, die inmitten wachsender Besorgnis über die Behandlung von Minderheiten im ganzen Land erfolgte, wie der vatikanische „Fides“-Pressedienst und die Nachrichtenagentur „Christian Today“ laut Kathpress am Freitag berichteten.
Blasphemie-Gesetz sorgt für Spannungen
Die Glaubensgemeinschaften der Minderheiten, darunter Christen, sind häufig die Opfer von Verfolgung aufgrund des sogenannten „Blasphemie-Gesetzes“. Dieses wird in besonderem Maß für die Erhöhung des interreligiösen Spannungen im ganzen Land verantwortlich gemacht.
Pakistan wurde vor kurzem an sechster Stelle des weltweiten Länder-Index über Gewalt gegen Christen aufgelistet. Der Index wird von der Menschenrechts-NGO „Open Doors“ erstellt. Der Weltverfolgungsindex stellte fest, dass „es ein hohes Maß an Straflosigkeit bei Gewalttaten gegen Christen“ in Pakistan gebe und dass Zwangsbekehrungen an der Tagesordnung stünden.
„Angriff auf Nicht-Muslime“
81 Personen, darunter über drei Dutzend Kinder, wurden bei einem Selbstmordanschlag am 22. September letzten Jahres in der anglikanischen All Saints Church in Peshawar getötet. Die islamistische Extremistengruppe TTP Jundullah, die mit den Taliban verbunden ist, übernahm die Verantwortung für die Gewalt. „Sie sind die Feinde des Islam, daher töten wir sie“, sagte der Sprecher der Gruppe, Ahmed Marwat: „Wir werden unsere Angriffe auf Nicht-Muslime auf pakistanischem Land fortsetzen.“
Der Angriff war der tödlichste im Verlauf der Gewaltaktionen gegen Christen in der Geschichte Pakistans. Anfang Juni stattete der anglikanische Ehrenprimas Justin Welby der Diözese Peshawar einen Solidaritätsbesuch ab. Kurz danach wurde die Entscheidung von Generalprokurator Tassaduq Hussain Jillan bekannt, einen Rat einzusetzen, um die Rechte von Minderheiten zu schützen und „religiöse Harmonie sicherzustellen“. „Fides“ zufolge will sich der Rat auch mit den in Schulbüchern existierenden Vorurteilen gegen Minderheiten, mit Zwangsverheiratung, Zwangsbekehrung und Schändung religiöser Minderheiten befassen.
Bischof: „Historischer Schritt“
Als „historischen Schritt“ bezeichnete Cecil Shane Chaudhry, Leiter der Justitia-et-Pax-Kommission der pakistanischen Bischöfe, den Beschluss. Niemals in der Geschichte habe die pakistanischen Justiz die Dinge „derart klar angesprochen“. Zu wünschen sei eine „sofortige Umsetzung des Gerichtsbeschlusses“ durch die Regierung.
Ähnlich äußerte sich Nasir Saeed von der für die Rechte Christen eintretenden NGO „CLAAS“, der auf die bereits jahrelange Forderung einer unabhängigen Kommission durch die religiösen Minderheiten verwies. Pakistans Regierung solle „die Augen öffnen“ und sicherstellen, dass Minderheiten ohne Angst vor Verfolgung leben können.
Mehr Übergriffe seit Krieg in Afghanistan
Pakistans rund 180 Millionen Einwohner sind zum überwiegenden Teil Muslime. 1,85 Prozent bekennen sich laut einer Volkszählung von 1998 zum Hinduismus, 1,6 Prozent zum Christentum. Letztere sind zumeist Nachkommen von Mitgliedern niederer Hindu-Kasten, die in der Kolonialzeit zum Christentum konvertierten. Seit dem Einmarsch der von den USA geführten Truppen in Afghanistan hat die Zahl der Übergriffe und teils schwerer Anschläge auf Christen in Pakistan stark zugenommen.
Wie schnell die Vorgabe der Justiz Früchte bringt, bleibt vorerst abzuwarten: Ein vor zwei Jahren von der Regierung eingerichtetes Beratergremium mit 18 ranghohen Vertretern religiöser Minderheiten des Landes ist seit seiner Gründung nie zusammengekommen; alle drängenden Appelle seiner Mitglieder seien stets auf der Warteschleife gewesen, berichtete die Zeitung „The Express Tribune“. (APA)