Neuwahlen im Oktober

Organisierte Mail-Kampagne gegen Banken: Bulgarien sieht sich bedroht

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Die Stabilität der Finanzwirtschaft wollen Regierung und Zentralbank schützen. Es wurden offenbar Emails und SMS mit Warnungen verschickt, in denen vor der Stabilität einer der größten Banken des Landes gewarnt wird. Anleger wurden aufgefordert, ihr Geld von den Banken abzuziehen. Deren Aktien befinden sich im Sinkflug. Im Oktober wird neu gewählt.

Sofia/Wien – In Bulgarien schlagen Regierung und Zentralbank wegen eines angeblichen Angriffs auf das Bankensystem des Landes Alarm. „In den vergangenen Tagen hat es Versuche gegeben, den Staat durch eine organisierte Attacke auf bulgarische Banken ohne Grund zu destabilisieren“, erklärte die Zentralbank am Freitag. Sie rief alle staatlichen Institutionen dazu auf, die Stabilität der Finanzwirtschaft zu schützen. Es seien „böswillige Gerüchte“ über die Lage von Geldhäusern in Umlauf gebracht worden.

Damit zusammenhängend wurden heute Neuwahlen für den 5. Oktober ausgerufen. Dies hatten Verhandlungen der Regierung mit der Opposition ergeben. Laut dem Chef der regierenden Sozialdemokraten herrsche Einigkeit, alle Maßnahmen zu unterstützen um die Stabilität und Sicherheit der Banken und des bulgarischen Finanzsystems zu garantieren. Die bürgerliche GERB, die größte Oppositionsparte, hatte ursprünglich Neuwahlen bis Ende September verlangt.

400 Million binnen weniger Stunden abgehoben

Premier Plamen Orescharski erklärte, dass der Staat keinesfalls zulassen werde, dass die Bürger ihre Einlagen in den Banken verlieren werden. Der Kabinettschef beruhigte, der Staat verfüge über „genügend Mittel“, um die Bürger zu schützen. Zudem sei gestern eine neue Staatsanleihe aufgelegt worden. Das Finanzsystem sei stabil.

Innenminister Zwetlin Jowtschew und Polizei-Chef Swetoslaw Lasarow erklärten, dass bereits Fahndungen nach bestimmte Personen laufen. Laut Lasarow wurden seit gestern Emails und SMS mit Warnungen an bestimmte Personen verschickt, um an der Stabilität einer der größten Banken des Landes zu rüttelten. Der Polizeichef wollte ausdrücklich die First Investment Bank nicht beim Namen nennen, das tat aber bereits zuvor der Leiter der bulgarischen Nationalbank BNB, Iwan Iskrow, der den feindlichen Angriff bestätigte. In der Folge hätten Kunden innerhalb weniger Stunden 800 Miio. Lewa (409 Mio. Euro) abgehoben, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Die Filialen würden aus logistischen Gründen um 14 Uhr (MESZ) geschlossen und erst am Montag wieder geöffnet.

Laut der Nachrichtenagentur PIK steht hinter der Kampagne ein großer Geschäftsmann mit Interessen in der Erdölindustrie.

Der staatliche Nachrichtensender BNR berichtete, Strohmänner würden gezielt dafür sorgen, dass sich vor den Filialen Schlangen bilden, um dadurch die Panik zu erhöhen. Diese würden sich anstellen und fiktiv nach Kredite fragen. Gerüchten zufolge erhielten sie dafür pro Kopf 25 Euro. Lasarow dementierte, dass Polizisten Bankfilialen wegen möglicher Warteschlangen prüfen.

Vergangene Woche hatten Medienberichte über angebliche zweifelhafte Geschäfte des viertgrößten bulgarischen Geldhauses Corporate Commercial Bank (Corpbank) zu Kontenauflösungen geführt. Die Zentralbank sah sich gezwungen, die Kontrolle über Corpbank zu übernehmen. An der Börse fürchteten Investoren, dass auch andere Institute in den Strudel hineingezogen werden und trennten sich nun wie bereits am Donnerstag in Scharen von Bankaktien. First Investment etwa brachen um rund ein Viertel ein.

Die Entwicklung weckt schmerzliche Erinnerungen an den Zusammenbruch des Bankensektors in Bulgarien in den 1990er Jahren, als 14 Institute pleitegingen. Sie setzt ferner Orescharskis Minderheitsregierung zusätzlich unter Druck, die bereits mit einer schwachen Konjunktur und einem Rückgang der Investitionen aus dem Ausland zu kämpfen hat. Wegen der anhaltenden politischen Probleme hatte die Ratingagentur Standard & Poor‘s das Land unlängst herabgestuft. Die Bewertung liegt nun nur noch eine Stufe vom Ramsch-Status entfernt.

Anleger haben aus Sorge vor einer Bankenkrise in Bulgarien am Freitag Gelder abgezogen. Der Aktienindex des Landes verlor mehr als fünf Prozent. Besonders der Finanzsektor geriet unter die Räder: Die Titel der drittgrößten Bank des Landes, First Investment Bank, stürzten mehr als 21 Prozent ab. Die Aktien der Central Cooperative Bank fielen um 8,6 Prozent. (APA/Reuters)