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Der beste Hybrid oder nichts

Noch als Versuchsträger unterwegs, ab September marktreif: der S 500 Plug-in-Hybrid von Mercedes.
© Hersteller

Weit gediehen ist Daimlers Anspruch, dem Kunden einen außergewöhnlich intelligenten Antriebsmix aus Elektro- und Benzinmotoren in Serienreife anzudienen: Die TT fuhr im S 500 Plug-in-Hybrid erste Kilometer.

Von Markus Höscheler

Schruns –Hinters Lenkrad durften wir in dieser Woche noch nicht, aber immerhin hatte Harald Maurer, bei Daimler zuständig für die S-Klasse-Fahrzeuggesamtentwicklung, den Beifahrersitz für die Tiroler Tageszeitung reserviert. Maurer, 50 Jahre alt und begeisterter Österreich-Urlauber, steuerte abseits der traditionellen Silvretta Classic den Versuchsträger S 500 Plug-in-Hybrid von Mercedes durchs Montafon, Silbertal und den Walgau in Vorarlberg. Dabei nahm er sich rund 90 Minuten Zeit, die Vorzüge des neuen Antriebssystems praxisgerecht zu demonstrieren.

Langeweile kam in diesen eineinhalb Stunden nicht auf, denn selbst Hybrid-Erprobte kommen ins Staunen angesichts der Details, mit denen die Hybridtechnik aus dem Schwabenland aufwartet. Die Ingenieure haben nicht einfach zwei Triebwerke miteinander kombiniert, sondern auch viel Kopfarbeit in die Software gesteckt.

Schon das Basisprogramm ist beachtenswert. Ab Start fährt der S 500 Plug-in-Hybrid „hybridisiert“, wie Maurer sagt. Damit meint er, dass das Steuergerät entscheidet, wie das Elektroaggregat und der Verbrennungsmotor einzusetzen sind, um möglichst effizient und situationsgerecht Leistung abzurufen. Drei weitere Fahrmodi lassen sich auf der breiten Mittelkonsole einstellen: Der E-Mode bietet sich an, wenn der Fahrer emissionsfrei in Ballungsgebieten fahren möchte. Bis zu 33 Kilometer rein elektrisches Fahren sind laut Werksangabe möglich, bis der 8,7 Kilowattstunden Kapazität fassende Lithium-Ionen-Akku erschöpft ist. Er lässt sich entweder während des Fahrens teilweise über den Fahrmodus E-Charge aufladen – wobei hier der V6-Benziner etwas mehr Treibstoff benötigt als für die eigentliche Fahrt erforderlich. Oder die heimische Steckdose beziehungsweise Wallbox schafft via Kabel die energiespendende Verbindung, die dem Akku neuen Saft gibt. Für die Ladedauer muss der Nutzer mit zweieinhalb bis elf Stunden rechnen, abhängig von der gewählten (oder gebotenen) Spannung.

Neben Hybrid, E-Mode und E-Charge gibt es noch die E-Save-Position: Hierfür entscheidet sich der Fahrer am ehesten, wenn er die elektrische Energie für einen bestimmten Streckenabschnitt reservieren möchte. Bis dahin muss der Ottomotor der 5,25 Meter langen Limousine (Plug-in-Hybrid gibt es nur mit diesem langen Radstand) alleine Vortriebsaufgaben übernehmen.

Damit nicht genug: Wenn der Fahrer noch mehr Effizienz aus der Hybridofferte herauskitzeln möchte, dann gibt es noch die Einstellung „Effizienz plus“. Derart kalibriert gibt der S 500 Plug-in-Hybrid via leichten Pedalstößen Tipps, vom Gas zu gehen – etwa wenn ein vorausfahrendes Fahrzeug langsamer wird. Das heckgetriebene Auto bremst dabei mit E-Generator-Wirkung ab, gewinnt also Energie für den Speicher. Die wesentlichen Informationen für diese Fahrmanöver erhält das Steuergerät von Sensoren (Radar, Kamera).

Damit ist der Talente-Pool des Plug-in-Hybriden aber noch nicht erschöpft. In Zusammenarbeit mit dem Navigationssystem passt die Hybridsoftware den Motoreneinsatz an den Straßenverlauf und an die Topographie an. Das Programm erkennt somit Steigungen und Gefälle kilometerweit im Voraus und kann damit vor allem die Aktivierung der E-Maschine optimieren – da sich beim Abwärtsfahren der Lithium-Ionen-Akku wieder auflädt. Eine weitere intelligente Überlegung im Hause Daimler: Bei Zielerreichung sollte der Stromspeicher nahezu leer sein, um erstens das emissionsfreie Fahren bestens auszunützen und zweitens die volle Aufladung wieder zu ermöglichen.

Der Lohn der S-500-Plug-in-Hybrid-Mühen sieht in Zahlen gegossen wie folgt aus: von null auf 100 km/h in 5,2 Sekunden, Systemdrehmoment von 650 Newtonmetern, Systemleistung von 325 Kilowatt, Normverbrauch von 2,8 Litern Treibstoff je 100 Kilometer, CO2-Ausstoß von 65 Gramm/Kilometer. Maurer und seine Mitstreiter reduzieren das Erreichte gelegentlich auf die Formel 8-4-0: „Die Leistung eines Achtzylinders, der Verbrauch eines Vierzylinders und emissionsfreies Fahren.“ Noch nicht gefunden haben die Stuttgarter die Preisformel für den im September in den Handel kommenden S 500 Plug-in-Hybriden – aber er wird sich am benzingetriebenen S 500 orientieren.