Tausche VIP-Karte gegen Platz bei den singenden Kolumbianern
Die Achtelfinalspiele starten. Und gleich zu Beginn wird Rio zu einem riesigen Volksfest. Die ersten beiden Spiele mit ausschließlich südame...
Die Achtelfinalspiele starten. Und gleich zu Beginn wird Rio zu einem riesigen Volksfest. Die ersten beiden Spiele mit ausschließlich südamerikanischer Beteiligung sorgten für eine Fußballeuphorie auf den Straßen, die es bisher hier noch nicht gegeben hatte. Kolumbien und Uruguay spielten im Maracana und zuvor wurde die K.o.-Phase mit Chile gegen Brasilien eröffnet.
Bereits früh am morgen wurde es laut auf den Straßen, wer gemütlich ausschlafen wollte, hatte es schwer: Mit Trommeln und Hupen stimmte man sich ein auf das Spiel. Ich machte mich wieder auf den Weg nach Alzirao. Für mich der perfekte, Ort um die Brasilien-Spiele zu schauen.
Vor dem Match sorgen die Samba-Schulen für gute Stimmung. Tänzerinnen wie man sie vom Karneval aus Rio kennt, nur leicht bekleidet, schwingen die Hüften zu den schnellen Trommelrhythmen. Kurz vor 13 Uhr dann wieder ein absolutes Highlight – die brasilianische Bundeshymne. Während man sich in Österreich nicht auf den Text einigen kann, erzeugt die Hymne hier in Brasilien jedes Mal ein absolutes Gänsehautfeeling.
Die Brasilianer wussten bereits vor dem Spiel, dass es gegen die starken Chilenen eng werden könnte. Dennoch waren sie sich sicher, dass es zum Schluss für den Viertelfinaleinzug reichen würde. Dass es jedoch ein solch spannendes Spiel wird, hatte keiner erwartet. Als das Elfmeterschießen vorbei war, rasteten alle vollkommen aus: Hüte und Becher flogen durch die Luft und die Party konnte mit etwas Verspätung beginnen.
Indessen machte ich mich auf den Weg ins Maracana, es ist nur ein kurzer Fußmarsch von Alzirao bis zum nächsten südamerikanischen Klassiker. Das Stadion war zu drei Viertel in Gelb gefärbt. Die kolumbianischen Anhänger waren ohne Zweifel in der Überzahl, und sie konnte dazu während dem Spiel auch noch auf die Unterstützung der Brasilianer zählen. Die Stimmung im Stadion war gut, konnte jedoch mit den Spielen von Argentinien und Chile nicht mithalten. Die kolumbianischen Fans waren etwas zurückhaltender, obwohl ihre Mannschaft groß aufspielte.
Die erste Halbzeit saß ich inmitten von Kolumbianern auf der zweiten Ebene direkt hinter dem Tor. Das Stadion war nicht ganz voll, so beschloss ich, mir in der zweiten Halbzeit einen besseren Sitzplatz zu suchen. Schlussendlich sah ich die zweite Hälfte rund 10 Meter vom Spielfeld entfernt auf der Höhe der Mittellinie. Es war ein perfekter Sitzplatz mit der wohl besten Sicht und dem Gefühl, den Spielern wirklich nahe zu sein. Und trotzdem: Im Nachhinein betrachtet wäre ich lieber bei meinen singenden Kolumbianern geblieben, anstatt neben den einschläfernden VIP-Gästen das Spiel zusehen. Zum Teil kamen diese erst in der 70 Minuten zurück auf ihren Sitzplatz. Für einen Fußballfan wie mich ist es unverständlich, dass so viele Tickets an Personen vergeben werden, die nicht am Fußball interessiert sind.
Mit dem Sieg der Kolumbianer ist nun auch klar, dass am kommenden Freitag Brasilien gegen Kolumbien spielen wird. Während dem Spiel feuerte ein Großteil der Brasilianer Kolumbien an, direkt danach machten sie den Kolumbianern jedoch klar, dass für sie im Viertelfinale Endstation sein wird.