Volksanwälte mit Vordernberg und Pendlerrechner noch nicht zufrieden
Wien/Vordernberg (APA) - Volksanwältin Gertrude Brinek ist mit dem Einsatz privater Sicherheitskräfte im Schubhaftzentrum Vordernberg noch n...
Wien/Vordernberg (APA) - Volksanwältin Gertrude Brinek ist mit dem Einsatz privater Sicherheitskräfte im Schubhaftzentrum Vordernberg noch nicht einverstanden. Auch mit der neuen Version des Pendlerrechners ist die derzeitige Vorsitzende der Volksanwaltschaft noch nicht zufrieden. „Zufriedenstellend“ fällt im APA-Interview hingegen ihre Bilanz nach zwei Jahren Überprüfung der Menschenrechte aus.
Der derzeitige Vertrag mit der privaten Sicherheitsfirma G4S für das seit einem halben Jahr in Betrieb befindliche Schubhaftzentrum Vordernberg genüge noch nicht, betonte Brinek. Der Vertrag müsse nachgebessert werden, weil eine genauere Abgrenzung für die Einsatzbereiche privater Sicherheitsleute nötig sei. Es müsse klargestellt werden, dass private Sicherheitskräfte auch in Konflikt- und Notsituationen nicht eingreifen und hoheitliche Aufgaben übernehmen dürfen. Menschenrechtlich könnte sich dann nämlich das Problem ergeben, dass sich Schubhäftlinge nur zivilrechtlich an den privaten Sicherheitsleuten schadlos halten könnten. Brinek verweist darauf, dass Vordernberg auch einen Modellcharakter für andere ähnliche Einrichtungen habe.
Bezüglich des Flüchtlingslagers Traiskirchen unterstützt die Volksanwältin die Forderung nach einer besseren Aufteilung der Flüchtlinge. „Die Länder müssen ihre Verpflichtungen einhalten.“ Die Überfüllung Traiskirchens könnte auch eine Gefährdung der Menschenrechte zur Folge haben, warnt Brinek (das Interview wurde vor dem jüngsten Vorstoß von ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner für eine Neuordnung der Grundversorgung geführt, Anm.).
Seit zwei Jahren überprüft die Volksanwaltschaft auch die Einhaltung der Menschenrechte. Dazu wurden von den sechs Kommissionen bisher knapp 900 Besuche in Einrichtungen, in denen es zu Freiheitsbeschränkungen kommt, durchgeführt. Brinek kann dazu „erste positive Ergebnisse“ vermelden. So sei mehr Bewusstsein eingekehrt, dass in der Jugendwohlfahrt Gewalt kein Erziehungsmittel sein könne, dass Freiheitsentzug nur als „gelindestes Mittel“ eingesetzt werden dürfe, dass Netzbetten nicht nur im Westen, sondern auch im Osten Österreichs „nicht mehr state of the art“ seien und dass private Sicherheitskräfte nur in Notsituationen dem medizinischen und pflegerischen Personal helfen, diese aber keine pflegerischen und medizinischen Handlungen vornehmen dürfen.
Im Strafvollzug begrüßt die Volksanwältin die vom Justizminister ergriffenen Sofortmaßnahmen nach dem Auftauchen von Missständen. Die zugesagten 100 Beschäftigten müssten nach Ansicht Brineks zielgerichtet für Therapien und die Beschäftigung von Häftlingen sowie für die Verbesserung der Einschlusszeiten verwendet werden. Nach weiterem Personal will Brinek im Moment nicht rufen, zunächst solle man schauen, ob man bei einer besseren Organisation mit dem bestehenden Personal auskommt.
Im Zusammenhang mit der Überprüfung der Einhaltung der Menschenrechte sieht Brinek die Volksanwaltschaft personell und budgetär „gut aufgestellt“. Insgesamt ist das Budget der Volksanwaltschaft jedoch knapp. 2015 und 2016 kommt man mit der Auflösung von Rücklagen noch durch, ab 2017 könnte es aber dann Probleme geben. Brinek will jetzt einmal die Organisation und die Abläufe weiter optimieren und noch nicht Alarm schlagen: „Die Feuerwehr ruft man, wenn wirklich Gefahr im Verzug ist.“ Die „Frage der Sinnhaftigkeit“ stellt sich für Brinek allerdings, weil die Volksanwaltschaft ab 2015 Miete an die Burghauptmannschaft für ihren Sitz in der Wiener Innenstadt Miete zahlen muss.
„Noch nicht zufrieden“ ist die Vorsitzende der Volksanwaltschaft mit der neuen Version des Pendlerrechners des Finanzministeriums. Grundlage dafür sei die Verkehrsauskunft Österreich, die aber einen anderen Zweck verfolge und in erster Linie auf Baustellen und Staus abstelle. Deshalb hält Brinek dies für „keine stabile Grundlage“. Sie rät daher, sich mit den Pendlerinitiativen zusammenzusetzen und eine „pendlergerechte Lösung“ zu suchen.
Dass sich die Volksanwaltschaft auch um Problemen wie den Stau auf der Wiener Gürtelbrücke kümmert, verteidigt die Vorsitzende. Einerseits seien davon viele Menschen betroffen und andererseits handle es sich auch um eine Systemfrage, wenn auf der Baustelle zu bestimmten Zeiten keine Arbeiter sind, weil keine Überstunden bezahlt werden. „Uns ist kein Problem zu klein“, sagt Brinek dazu grundsätzlich und verweist auf ihr Motto: „Weil am Ende die Menschen zählen und nicht die Paragrafen.“
Verstärkt ansprechen will die Volksanwaltschaft in Hinkunft die Frauen, weil von ihnen ein Drittel weniger Beschwerden herangetragen werden als von Männern. Gemeinsam mit der Frauenministerin strebt Brinek nun eine stärkere Vernetzung mit Frauenvereinen an, um Frauen zu motivieren, zur Volksanwaltschaft zu kommen und ihre Scheu abzubauen.