Bregenzer Festspiele - Pountney: „Es waren elf wunderbare Jahre“ 1
Bregenz (APA) - Am Mittwoch werden die Bregenzer Festspiele eröffnet. Es sind die elften und letzten unter Intendant David Pountney. Die APA...
Bregenz (APA) - Am Mittwoch werden die Bregenzer Festspiele eröffnet. Es sind die elften und letzten unter Intendant David Pountney. Die APA bat den 66-jährigen Briten zu einem Aus- und Rückblick und traf ihn in seinem Büro mit herrlichem Blick auf See und Seebühne beim Schreiben von E-Mails an, mit regelmäßigen Seitenblicken auf eine Übertragung des Senders „SkySports“. Im Cricket spielte England gegen Indien.
APA: Herr Pountney, das Motto dieser Festspiele ist „Wien zartbitter“. Wie bitter ist für Sie, dass diese Saison zugleich Ihre letzte ist?
David Pountney: Überhaupt nicht. Das Motto bezieht sich hauptsächlich auf die Oper „Geschichten aus dem Wiener Wald“ - und natürlich teilweise auch auf „Die Zauberflöte“. Das ist auch ein Stück mit sehr viel Zärtlichkeit und Bitterkeit. Aber hauptsächlich natürlich auf Horvath, mit dem wir einen Bogen schaffen zu meiner ersten Saison, in der wir einen Schwerpunkt auf Kurt Weill hatten. Der ist auch der perfekte Bittersweet-Komponist. Horvath selbst hat gesagt, wenn jemand sein Stück vertont, dann sollte es Kurt Weill sein. Und Nali (HK Gruber, Anm.) ist selbst ein großer Weill-Spezialist. Das ergibt einen schönen, runden Bogen von Anfang bis Ende.
APA: Bei der Eröffnung werden Sie ein Ehrenzeichen der Republik erhalten, am Ende eine Auszeichnung des Landes. Zwischendurch war doch das Verhältnis etwas getrübt, da wäre man Sie gerne losgeworden. Haben Sie Ihren Frieden mit der österreichischen Politik gemacht?
Pountney: Das hatte wenig mit der österreichischen Politik zu tun, das war ein Alleinritt. Aber wir haben in diesen elf Jahren sehr viel gewagt und sehr viel geschafft. Wir haben Zeichen gesetzt und die Bregenzer Festspiele sehr gut platziert. Ich bin sehr zufrieden. Ich habe in Österreich auch relativ viel an der Wiener Staatsoper gearbeitet und vergangenes Jahr mit der Glass-Oper „Spuren der Verirrten“ das neue Musiktheater in Linz eröffnet, wofür ich einen Preis bekommen habe. Ich habe eine lange Beziehung zur österreichischen Kultur. Das geht zurück bis auf den „Fliegenden Holländer“ 1989 hier in Bregenz.
APA: Was nehmen Sie aus dieser Zeit in Bregenz mit? Was haben Sie hier gelernt?
Pountney: Ich habe hier unglaublich viel gelernt. Ich habe etwa gelernt, Intendant zu sein. Das war ich vorher noch nie. Ich habe auch gelernt, eng mit einem Orchester zusammenzuarbeiten und auch mit ihm Konzerte zu programmieren. Obwohl: Die Wiener Symphoniker würden vielleicht sagen, ich hab es nicht gelernt. (schmunzelt) Aber immerhin hatte ich viel Spaß damit, es auszuprobieren. Es waren elf wunderbare, fruchtbare Jahre.
APA: Der Schluss der Eröffnungszeremonie wird „Show Boat“ gewidmet sein. Ist das einer der wenigen wunden Punkte, dass es Ihnen nicht gelungen ist, zum Abschluss dieses Musical auf die Seebühne zu bringen, weil das finanzielle Risiko zu groß war?
Pountney: Wunder Punkt ist vielleicht ein bisschen zu viel gesagt, aber ich bedaure es, denn ich glaube, es wäre absolut ein erfolgreiches Seebühnen-Werk. Das Bühnenbild liegt komplett fertig hier im Lager. Es kann jederzeit gespielt werden. Ich würde mich freuen.
APA: Ihrer Nachfolgerin Elisabeth Sobotka scheint das aber nicht sehr am Herzen zu liegen. Sie beginnt mit „Turandot“.
Pountney: Ich habe kein Problem damit. Aber irgendwann wird man vielleicht dankbar sein für einen weiteren Titel, der auf der Seebühne spielbar ist. Denn wie wir wissen, siehe „André Chenier“: Es ist nicht so einfach, die Seebühne zu programmieren.
APA: Auf der anderen Seite scheint „Die Zauberflöte“ ein Selbstläufer zu sein. Das hat sich im vergangenen Jahr bewahrheitet, heuer könnte überhaupt eine Rekordsaison werden. Ist das nicht bitter für einen Regisseur, der das Repertoire etwas breiter anlegen wollte?
Pountney: Ich gebe zu: Es ist ein bisschen irritierend. Aber wenn man gezwungen ist, die Seebühne bis zu 90 Prozent voll zu haben, um die restlichen Festspiele zu finanzieren, dann bleibt keine große Wahl übrig. Aber man soll nicht das Publikum kritisieren, sondern den Zwang, ausverkauft sein zu müssen. Denn der ist nicht immer kreativ. Dazu kommt der Fakt, dass die Investition der öffentlichen Hand in die Bregenzer Festspiele seit 1997 eingefroren geblieben ist. Dieses Geld ist heute weit über eine Million Euro weniger wert. Ich glaube, niemand in Bregenz glaubt, dass wir mehr bekommen sollten. Aber wir glauben, dass wir das haben sollen, was wir 1997 bekommen haben. Wenn diese Valorisierung stattfinden würde, hätten die Festspiele eine andere und kreativere Perspektive. Das wäre für die Zukunft wichtig.
APA: Für die Valorisierung kämpfen nicht nur die Bregenzer Festspiele, sondern alle Kulturinstitutionen.
Pountney: Die Regierung müsste endlich aufhören mit dieser total unlogischen Politik, dass man auf der einen Seite Tariferhöhungen gewährt, weil man Angst vor den Gewerkschaften hat, auf der anderen Seite aber die Investitionen nicht erhöht. Ich spreche bewusst nie von Subvention, sondern immer von Investition, denn die bringt der Regierung einen 4:1-Gewinn. Der wirtschaftliche Impact der Bregenzer Festspiele ist 160 Mio. Euro. Der Umwegrentabilitätsfaktor generiert für den Bund viermal so viel Steuern wie die Investition. Ich kann nur sagen: Investiert in Kunst! Das bringt Geld!
(A V I S O - Beachten Sie in der Vorberichterstattung zu den Bregenzer Festspielen bitte auch die Interviews mit Festspielpräsident Hans-Peter Metzler (APA239 vom 3.7.) sowie mit Komponist HK Gruber (APA244 und 245 vom 16.6.) B I L D A V I S O - Zahlreiche Fotos von David Pountney sind im AOM abrufbar.)