Weißbüschelaffen: Erbgut-Analyse zeigt Ursachen für Eigenheiten auf

Wien (APA) - Die in Südamerika beheimateten Weißbüschelaffen unterscheiden sich hinsichtlich einiger Merkmale von anderen Primate: So werden...

Wien (APA) - Die in Südamerika beheimateten Weißbüschelaffen unterscheiden sich hinsichtlich einiger Merkmale von anderen Primate: So werden sie nur etwa 20 Zentimeter groß und gebären fast nur Zwillinge. Ein internationales Forscherteam mit österreichischer Beteiligung konnte nun die genetischen Ursachen dafür identifizieren und präsentiert die Erkenntnisse im Fachblatt „Nature Genetics“.

In einer Gemeinschaftsarbeit unter Beteiligung der Bioinformatikerin Carolin Kosiol von der Veterinärmedizinischen (Vetmed) Universität Wien analysierten Wissenschafter das gesamte Erbgut der Weißbüschelaffen (Callithrix jacchus). Diese zu den „Neuweltaffen“ gehörenden Tiere sind genetisch vom Menschen deutlich weiter entfernt als Menschenaffen oder Makaken, deren Genom bereits sequenziert wurde, heißt es heute, Montag, in einer Aussendung.

Neben der Tatsache, dass die Tiere sehr klein sind, was üblicherweise bei Primaten zu Problemen mit dem Stoffwechsel und der Temperaturregulation führt, ist auch ihr Sozial- und Fortpflanzungsverhalten ungewöhnlich, erklärte Kosiol gegenüber der APA. Innerhalb einer Gruppe pflanzt sich nämlich nur das dominante Paar fort, wobei alle anderen Gruppenmitglieder bei der Aufzucht des Nachwuchses helfen.

Zudem gebären die Äffchen fast ausschließlich Zwillinge, die noch dazu im Uterus Blutstammzellen untereinander austauschen und daher einen zehn- bis 50-prozentigen Anteil an Blutzellen ihres Geschwister-Zwillings aufweisen. Aufgrund dieser Besonderheiten erhoffen sich die Forscher, in der DNA der Tiere Hinweise auf allgemeine Ursachen für Kleinwuchs und Zwillingsgeburten zu finden.

Um genau die DNA-Stellen zu finden, die diesen Eigenheiten möglicherweise zugrunde liegen, verglich das Team um die Humangenetikerin Kim Worley vom Baylor College of Medicine (USA) das Weißbüschelaffen-Genom mit dem anderer Affenarten. Aufgrund der großen genetischen Distanz könne man gut erkennen, welche Gene sich schnell verändern, so Kosiol. Daraus könne wiederum darauf geschlossen werden, auf welchen DNA-Teilen großer evolutionärer Anpassungsdruck lastet.

So erkannten die Forscher, dass eine Gruppe von Wachstumshormon-Genen - genannt „GH-IGF“ - vermutlich für den Kleinwuchs der Affen verantwortlich ist. Außerdem dürften auch Gene, die für den Stoffwechsel und die Regulation der Körpertemperatur mitverantwortlich sind, mit der geringen Größe der Tiere in Verbindung stehen. Außerdem identifizierten sie das „WFIKKN1-Gen“, das mit der Neigung zu Zwillingsgeburten in Zusammenhang stehen dürfte.

Neben dem Wissensgewinn über die jeweils untersuchte Art lasse sich durch die Analyse des Erbguts auch solch genetisch weit entfernter Primaten insgesamt viel über die Entwicklung des gesamten Primaten-Stammbaums ablesen, weil die Unterschiede zu Schimpansen oder Menschen klarer zutage treten, so Kosiol. Die Erkenntnisse könnten daher auch zu einem besseren Verständnis von Mehrlingsschwangerschaften beim Menschen beitragen.

(S E R V I C E - Die Publikation online: http://dx.doi.org/10.1038/ng.3042)