Film und TV

Der Schmerz beim Lachen

Claudia Sainte-Luces wunderbares Kinodebüt „Der wundersame Katzenfisch“.

Innsbruck –Die mit Zahnstochern aufgespießten Wurststücke sind als Kostproben gedacht und sollen zum Kauf einer Großpackung animieren. Claudia (Ximena Ayala) bestreitet aus der Provision ihr Leben, das sie in einer Ruine verbringt. Sie besitzt eine Matratze, an den Wänden kleben Fotos, dazwischen wuchert der Schimmel der Einsamkeit, die in ihren Augen als Zeichen der Abwesenheit zu lesen ist. Unverschämte Kunden nehmen daher an Claudias Werbestand eine Jause ein, greifen ernste Absichten vortäuschend nach einer Wurstpackung, die sie in einem Regal vor der Kassa des Supermarktes wieder entsorgen. Mit ähnlicher Gleichgültigkeit betreut die 20-Jährige auch das Pult mit Kosmetikartikeln. Wenn sich eine Kundin nach der Wirksamkeit einer Hautcreme erkundigt und ein vages Versprechen auf Schönheit erwartet, sagt Claudia nur, die Geschäftsführung habe jedes Gespräch mit Kundinnen verboten.

Claudia hat nie gelernt zu kommunizieren, ihre Kontakte beschränken sich auf das Notwendigste. Als sie nach der Entfernung ihres Blinddarms im Krankenhaus aus der Narkose erwacht, fühlt sie sich von der Fröhlichkeit an ihrem Nachbarbett belästigt. Martha (Lisa Owen) ist anzusehen, dass sie nur noch Tage, vielleicht Wochen leben wird. Jeden Tag feiert sie mit ihren vier Kindern, die unterschiedlicher nicht sein könnten, da sie von drei Vätern stammen.

Alejandra (Sonia Franco) ist bereits erwachsen, Wendy (Wendy Guillén) hadert mit ihrem Übergewicht. Der Vater von Mariana (Andrea Baeza) und Armando (Alejandro Ramirez Muñoz) hat Martha mit dem HI-Virus infiziert. Nach einem Moment der Verbitterung konnte Martha dem Mann verzeihen, der inzwischen zu ihrer liebsten Erinnerung geworden ist. Als sich Martha nach Claudias Operationsnarbe erkundigt, sagt das Mädchen, sie schmerze nur beim Lachen, aber Claudia hat in ihrem Leben noch nie gelacht. Für ihre letzten Tage oder Wochen sieht Martha daher noch eine Aufgabe. Sie wird aus der traurigen Claudia, die als Waisenkind seit ihrem zweiten Lebensjahr für sich selbst sorgen musste, nicht ganz uneigennützig einen fröhlichen Menschen machen.

Mit ihrem Regiedebüt ist der mexikanischen Regisseurin Claudia Sainte-Luce ein kleines Kinowunder gelungen, das auf verspielte Weise an den magischen Realismus des südamerikanischen Kinos der 70er-Jahre anschließt. Die Magie bezieht sie aus den anar­chischen Möglichkeiten der Figuren. (p. a.)

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