Hannover lässt Flüchtlinge ihr eigenes Theaterprojekt erarbeiten
Hannover (APA/dpa) - Wenn Theater sich mit dem Thema Flüchtlinge auseinandersetzen, besteht die Gefahr, dass die Auseinandersetzung zu einem...
Hannover (APA/dpa) - Wenn Theater sich mit dem Thema Flüchtlinge auseinandersetzen, besteht die Gefahr, dass die Auseinandersetzung zu einem Blick auf eine fremde Lebenswirklichkeit gerät. Deshalb holen Theater verstärkt diejenigen auf die Bühne, von deren Schicksal sie erzählen wollen. So standen bei Elfriede Jelineks „Die Schutzbefohlenen“ beim Festival „Theater der Welt“ in Mannheim Flüchtlinge auf der Bühne.
Und auch die Göttinger Theatergruppe boat-people-projekt arbeitete mit Menschen zusammen, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind. Das Junge Schauspiel Hannover geht nun einen Schritt weiter. Es will in den Sommermonaten die gesamte Ballhof-Spielstätte vor und hinter der Bühne in einen Ort der Begegnung verwandeln. Jugendliche Flüchtlinge sollen hier viel Zeit verbringen und das Theaterprojekt „Tor zur Freiheit“ erarbeiten. Die Premiere ist zur Spielzeiteröffnung am 11. September geplant.
Der Begriff Flüchtling werde in den Medien fast ausschließlich als Problem behandelt, erläutert die Regisseurin Anna Horn (37). „Wir verbinden mit Flüchtlingen hohe Stacheldrahtzäune und Flüchtlingscamps. In unserem Projekt geht es darum, die Flüchtlinge, die zu uns kommen, als Menschen kennenzulernen“, sagt Horn. Um das zu realisieren, hat sie ausländische Jugendliche eingeladen, mit ihr und der Dramaturgin Lucie Ortmann (33) ein Theaterprojekt zu erarbeiten.
Es gehe nicht darum, ein klassisches Stück zu erzählen, betont Ortmann. Das Team wolle gemeinsam mit den Jugendlichen einen Rundgang inszenieren, auf dem später die Zuschauer nicht nur die Strapazen und das Schicksal der Jugendlichen nachvollziehen können, sondern auch mit deren Ängsten und Sehnsüchten konfrontiert werden. Die seien oft gar nicht so anders als unsere, sagt die Regisseurin, „wir wollen die Besucher mit sich selbst konfrontieren“.
Der Umgang der Theater mit der Flüchtlingsproblematik sei Ausdruck eines gesamtgesellschaftlichen Wandels, betont Kai Weber, der Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat in Niedersachsen ist. „Wenn ich das vergleiche mit der Debatte in den achtziger oder neunziger Jahren, dann ist einfach festzustellen, dass heute auf allen Ebenen Flüchtlinge als Individuen wahrgenommen werden.“ Das Theater als ein Ort der Begegnung sei dafür ein geeigneter Ort. Das gelte allerdings nur dann, „wenn Flüchtlinge nicht nur als Begleit-Staffage erscheinen, sondern als Subjekte und handelnde Personen“.
(S E R V I C E - www.schauspielhannover.de/schauspiel/)