Ausnahmezustand Galatasaray
Als Organisator des Sommer-Trainingscamps von Galatasaray Istanbul in Windischgarsten steht der Tiroler Ralph Schader unter Dauerstress. Morgen werden im Happel-Stadion über 20.000 Zuschauer erwartet.
Von Wolfgang Müller
Innsbruck –„Sehr intensive Tage“, schnauft Ralph Schader einmal tief durch. Wenn es die Zeit erlaubt, denn der Tiroler Sportmoderator und Organisator von Trainingslagern ist momentan täglich mit Ausnahmezustand konfrontiert. Und der hat einen Namen – Galatasaray! Windischgarsten ist fest in türkischer Hand, wenn die Stars des Kultklubs auf einem der gepflegten Rasenplätze trainieren, folgt dem Gala-Bus ein Tross hupender Wagen mit begeisterten Fans. Vor und nach dem Training müssen Bodyguards den Kickern den Weg zum Bus bahnen. „Galatasaray ist wie eine große Familie. Da muss man flexibel und jederzeit abrufbar sein“, schmunzelt Schader, dessen Improvisationskunst bislang mehr als einmal gefragt war. Schließlich lautet sein Motto: „Geht nicht, gibt’s nicht.“
Mit 68 Mann checkte Galatasaray im Wellnesstempel Hotel Dilly ein. Was die ganze Sache erst richtig kompliziert machte, war der Trainerwechsel vor Camp-Antritt. Roberto Mancini, mit dem das Testspielprogramm fixiert wurde, verabschiedete sich kurzfristig aus Istanbul, Italiens WM-Teamchef Cesare Prandelli übernahm. „Er ist ein freundlicher Mann und ein Profi“, erklärt Schader, der sich gleich mit zwei kurzfristigen Spielabsagen abfinden musste. „Die Spiele in Seekirchen gegen Leverkusen und in Linz gegen den LASK passten ihm nicht ins Konzept, weil er die Mannschaft erst kennenlernen wollte. Dabei waren schon Tausende Karten im Vorverkauf weg“, wurde dem Tiroler Organisator einmal mehr klar, „dass Verträge im Fußball oft das Papier nicht wert sind, auf dem sie mit Unterschrift und Stempel gedruckt sind“. Wobei man auch Prandelli verstehen muss. Schließlich soll bzw. muss er Galatasaray zum 20. Meistertitel führen.
Das Spiel in Seekirchen fand übrigens trotzdem statt. Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler ließ kurzfristig Olympique Marseille einfliegen. Beide Teams verlangten übrigens in der Kabine Kaffee, Tee, trockenen Kuchen und frisches, gemischtes Obst. „Organisierten wir natürlich“, erzählt Schader, der sich nach dem Spiel freilich wunderte, dass er alles so vorfand, wie er es abgeliefert hatte. Es wurde nichts angerührt. Die Dekadenz im Profifußball wird immer unerträglicher.
Zurück zu Galatasaray – rund 150.000 Euro wird das Camp in Oberösterreich kosten. Peanuts, denn das wird mit den Testpartien hereingespielt. Gestern wurde ein Volksfest in Steyr mit der Begegnung gegen das vom Tiroler Helmut Kraft betreute Vorwärts-Team gefeiert und am Mittwoch steht im Happel-Stadion das Spiel gegen Rapid auf dem Programm. 20.000 bis 25.000 Zuschauer werden erwartet. 50.000 Euro die Antrittsgage plus Zuschauerbeteiligung – damit ist das Camp in Windischgarsten fast schon finanziert. Richtig teuer wird es für Galatasaray allerdings, wenn es darum geht, den Kader auf dem Transfermarkt aufzurüsten. Schließlich muss Stürmer Didier Drogba nachbesetzt werden. Das fällt dann allerdings nicht mehr in Ralph Schaders Aufgabenbereich.