Aids-Konferenz: Kaum Aussicht auf Heilung von HIV-Infektion

Melbourne/Boston (Massachusetts)/Wien (APA/dpa) - Die Ausheilung einer HIV-Infektion ist auch rund 30 Jahre nach der Entdeckung des Virus ni...

Melbourne/Boston (Massachusetts)/Wien (APA/dpa) - Die Ausheilung einer HIV-Infektion ist auch rund 30 Jahre nach der Entdeckung des Virus nicht in Sicht. „Das wird noch viele, viele Jahre dauern“, sagte US-Aids-Experte Steven Deeks am Montag bei der Internationalen Aids-Konferenz in Melbourne, zu der Pop-Sänger Elton John eine Video-Nachricht gegen die Stigmatisierung Betroffener schickte. Nur ein Ende der Stigmatisierung könne Aids schlagen.

Die Aidsforschung mache große Fortschritte, betonte die Tagungsvorsitzende Francoise Barre-Sinoussi, welche 2008 den Medizin-Nobelpreis für ihre Rolle bei der Entdeckung der Aids-Erreger erhalten hat, bei der Konferenz in Australien mit mehr als 12.000 Teilnehmern. Doch, so die Wissenschafterin: „Es gibt keinen Grund, nicht optimistisch zu sein.“

Auch Rückschläge brächten die Forscher entscheidend voran, sagte die US-Virologin Deborah Persaud, die das sogenannte Mississippi-Baby betreut hat. Das Kind galt als funktionell geheilt, bevor 27 Monate nach Ende der medikamentösen Behandlung plötzlich doch wieder HI-Viren im Blut festgestellt wurden. Die ernüchternde Nachricht kam eine Woche vor der Aids-Konferenz. „Trotzdem, ein spektakuläres Ergebnis“, sagte Persaud über die lange virenfreie Zeit. „Das müssen wir noch verbessern.“

Die permanente Eliminierung der HI-Viren scheiterte bisher daran, dass sie, in Reservoiren im Körper versteckt, jahrelang schlummern können. In welchen Zellen genau, wissen die Experten noch nicht. Forscher um den Virologen James Whitney von der Harvard Medical School in Boston zeigten in einer aktuell in „Nature“ veröffentlichten Studie, dass HIV ähnelnde Viren bei Affen (SIV) solche Reservoire sehr schnell nach einer Infektion anlegen.

Genau darauf laufen auch mathematische Modelle hinaus, welche US-Experten Experten unter Beteiligung des gebürtigen Österreichers Martin Nowak an der Harvard University in Cambridge in den USA entwickelt haben. Sie zeigen, dass für die Elimination von HIV eine Reduktion der latent infizierten Zellen im Körper von HIV-Positiven um das 10.000-Fache notwendig ist.

„Unsere Resultate deuten darauf hin, dass man eine Reduktion (latent infizierter Zellen; Anm.) um das 2.000-Fache benötigt, um der Mehrheit der Patienten einen Stopp der antiretroviralen Therapie für ein Jahr ohne Wiederauftauchen der Infektion innerhalb von Jahren zu gewährleisten. Eine Reduktion um das 10.000-Fache wäre wahrscheinlich notwendig, um Rückfälle insgesamt zu verhindern“, schreiben die Experten in ihrer neuen Studie in „PNAS“.

Einen möglichen Durchbruch im Kampf gegen Tuberkulose verkündeten Forscher der gemeinnützigen Tuberkulose-Allianz: Mit einem neuen Medikamentencocktail seien in einer ersten kleinen Studie sehr gute Ergebnisse erreicht worden, vor allem bei Patienten, deren Erreger gegen viele Medikamente schon resistent waren. „Wir haben die Behandlung dieser Patienten von zwei Jahren auf etwa vier Monate reduziert, die Kosten sind 90 Prozent geringer und die Heilungsrate stieg von 50 auf 90 Prozent“, berichtete der Präsident der Allianz, Mel Spigelman, in Melbourne.

Das Therapieregime besteht aus einer Kombination (PaMZ) der Wirkstoffe PA-824 und Moxifloxacin sowie Pyrazinamid. Moxifloxacin ist ein seit Jahren in aller Welt vor allem für Atemwegsinfektionen verwendetes Antibiotikum aus der Reihe der Fluorchinolone („Ciproxin“ etc.). Zu den Ergebnissen müssen aber noch groß angelegte Studien durchgeführt werden.

Tuberkulose ist eine der häufigsten Folgekrankheiten bei HI-Infizierten. Bei 20 Prozent der Aids-Kranken ist Tuberkulose die Todesursache. Zwei Milliarden Menschen weltweit sind nach Angaben von Spigelman mit Tuberkuloseerregern infiziert, wobei nur ein geringer Teil der Infektionen sofort zu einer Erkrankung führt. Etwa 1,3 Millionen Menschen sterben jedes Jahr.