Teilzeitarbeit ist Armutsfalle
ÖGB fordert Wiedereinführung der Vollversicherung ab der 1. Arbeitsstunde.
Lienz –„Wir verhandeln eigentlich gute Kollektiv-Abschlüsse“, sagt der Tiroler ÖGB-Landesvorsitzende Otto Leist. „Doch nichts davon kommt bei den Arbeitnehmern an.“
Weil in Tirol schon ein Drittel aller Arbeitnehmer in atypischen Beschäftigungsverhältnissen steht, sieht der Gewerkschaftsbund seine Unterschriftensammlung „Lohnsteuer runter!“ als hoch an der Zeit und ruft zur Teilnahme auf: „Egal, wo man politisch steht. Die Lohnsteuer betrifft uns alle.“ 146.000 Unterzeichner nennt der ÖGB bisher. „Nicht nur, dass geringfügig Beschäftigte ohne freiwillige Zusatzversicherung weder kranken-, pensions- noch arbeitslosenversichert sind. Teilzeitarbeitsplätze kosten Vollzeit-Arbeitsplätze und den Staat viel Geld“, spielt Leist auf Zahlungen wie die Mietzinsbeihilfe an.
„Ich komme aus dem Handel“, sagt Leist. „Im Handel geht eine Vollzeitkraft bis zu dreimal am Tag in die Arbeit: Von sechs bis acht, von elf bis drei und von fünf bis Schluss. Dafür stellt man heute drei Teilzeitkräfte stundenweise an und zahlt bei Mehrleistung unter dem Tisch, an der Steuer vorbei.“ Es müsse selbstverständlich möglich sein, auf eigenen Wunsch einer Teilzeitbeschäftigung nachzugehen. „Kinder, Familie, Pflege – es gibt Umstände, die eine Zeit lang dafür sprechen“, versteht auch der Osttiroler ÖGB-Vorsitzende Wilhelm Lackner die Betroffenen. „Wir warnen aber vor den gravierenden Folgen in späteren Jahren. Was nicht einbezahlt wurde, kann nicht herauskommen. Die Altersarmut ist nicht ein seltenes Schicksal, das einen schon nicht treffen wird.“
Der Einstieg in die Teilzeit sei sehr leicht möglich, dürfe aber keine Einbahn sein und zum dauerhaften Ausstieg aus dem Vollerwerb werden. „Zwei Jahre Karenz bedeuten in der heutigen Zeit, dass man wieder bei Adam und Eva anfängt“, warnt Leist. „Hauptsächlich Frauen sind betroffen. Wenn dann auch noch die Beziehung mit dem Partner zerbricht, ist eine Rückkehr in eine Vollzeitbeschäftigung praktisch unmöglich – mit allen negativen finanziellen Konsequenzen für die Alleinerziehende und ihre Pension.“ Die Lohnsteuer müsse gesenkt werden, damit Vollzeitarbeitsplätze wieder für beide Seiten attraktiv werden. (bcp)