Ermittlungen zum Absturz von MH17 - Propagandakrieg hält an
Kuala Lumpur/Moskau/Kiew (APA/Reuters/AFP/dpa) - Nach tagelanger Kritik am Umgang pro-russischer Rebellen mit internationalen Untersuchungst...
Kuala Lumpur/Moskau/Kiew (APA/Reuters/AFP/dpa) - Nach tagelanger Kritik am Umgang pro-russischer Rebellen mit internationalen Untersuchungsteams am Absturzort des Flugs MH17 in der Ostukraine, haben sich diese am Montag kooperativer gezeigt. Ein Zug mit Leichen der Opfer verließ am Abend laut Augenzeugen den von Rebellen kontrollierten Bahnhof Tores, auch die Black Boxes der malaysischen Passagiermaschine sollen an Kuala Lumpur übergeben werden.
Er habe eine entsprechende Übereinkunft mit dem ostukrainischen Separatistenführer Alexander Borodaj erreicht, sagte der malaysische Premier Najib Razak im malaysischen Fernsehen. „Um etwa 21 Uhr ukrainischer Zeit werden die zwei Black Boxes in Donezk einem malaysischen Team übergeben.“ Eine Delegation von zwölf Experten aus Malaysia hatte nach Angaben der russischen Agentur Interfax den Tag über in Donezk mit den Separatisten verhandelt.
Zuvor hatte der ukrainische Vize-Premier Wolodymyr Groysman erklärt, die Suche nach den Opfern des Flugzeugabsturzes sei nun offiziell beendet. Die Helfer hätten 282 Leichen sowie 87 Leichenteile der übrigen 16 Todesopfer gefunden. Die sterblichen Überreste von mindestens 251 Opfern seien in Eisenbahn-Kühlwaggons gebracht worden. Diese sollten in die 300 Kilometer entfernte Stadt Charkow fahren. Dort warte bereits eine internationale Gruppe von 31 Experten unter anderem aus den Niederlanden und Deutschland, sagte der Vizeregierungschef. In einem letzten Schritt sollten die Leichen der Opfer dann in die Niederlande zur Identifizierung geflogen werden.
Ein Team niederländischer Spezialisten hatte am Montagvormittag erstmals die Kühlwaggons inspiziert. Begleitet wurde das Trio von Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Nach Auffassung der Experten werden die Leichen fachgerecht aufbewahrt. Sie erhoffen sich auch Rückschlüsse auf die Ursache des Absturzes.
Unterdessen ging auch am Montag der Propagandakrieg zwischen Russland und der Ukraine um den Verantwortlichen des Flugzeugabsturzes weiter. Während die ukrainische Führung weiterhin pro-russische Rebellen beschuldigt mithilfe von durch Russland gestellte BUK-Abwehrraketen die malaysische Passagiermaschine mit 298 Menschen an Board abgeschossen zu haben, lenkte Moskau den Verdacht am Montag auf einen ukrainischen Kampfjet.
Ein Abfangjäger vom Typ Suchoi-25 sei auf die Boeing 777 zugeflogen, sagte Generalleutnant Andrej Kartopolow vom russischen Generalstab. „Die Entfernung der Su-25 zur Boeing lag zwischen drei und fünf Kilometern.“ Das ergebe sich aus Aufzeichnungen der russischen Flugüberwachung. So ein Kampfjet sei mit Luft-Luft-Raketen bewaffnet, der auf diese Entfernung ein Ziel hundertprozentig zerstören könne. Die Ukraine solle Auskunft über dieses Flugzeug geben, forderte er.
Zudem legte Russland am Montagabend als erster Staat Satellitenaufnahmen vom Absturztag vor. Auf den Satellitenbildern war nach Angaben des Generalstabs auch die Stationierung von ukrainischen Flugabwehrsystemen des Typs „Buk“ (Buche) im Separatistengebiet zu sehen. Moskau verlangte von Kiew eine Erklärung dafür, weshalb dort solche Waffen aufgestellt würden, obwohl die Aufständischen keine Flugzeuge hätten.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko wies die russischen Anschuldigungen umgehend zurück: Alle im Umfeld des Absturzorts befindlichen ukrainischen Jets seien zum Unglückszeitpunkt am Boden gewiesen, sagte er in einem Interview mit dem Nachrichtensender „CNN“. Zugleich ließ er mit einem dramatischen Vergleich aufhorchen. Er sehe keinen Unterschied zwischen den Terroranschlägen am 11. September 2001, dem Lockerbie-Anschlag und dem Absturz von MH17, sagte Poroschenko.
In Charkow verschafften sich ausländische Luftfahrtexperten bereits anhand von Fotos einen Überblick über die Absturzstelle sowie die Wrackteile bei Grabowo. Präsident Poroschenko befahl der Armee, die Kampfhandlungen in einem Radius von 40 Kilometern um den Absturzort unverzüglich einzustellen. Er sprach sich auch für die Beteiligung russischer Experten an den Untersuchungen aus. Beobachter befürchten, dass wegen der tagelangen Behinderungen durch die Separatisten und Eingriffen in das Trümmerfeld eine exakte Ermittlung der Absturzursache kaum mehr möglich ist. Angehörige klagen über mangelnden Respekt vor den Toten.
US-Präsident Barack Obama rief seinen russischen Kollegen Wladimir Putin dazu auf, die Aufständischen davon abzuhalten, die Untersuchungen weiter zu behindern. „Wir müssen sicherstellen, dass die Wahrheit herauskommt.“ Die Experten müssten ungehindert arbeiten können, doch die von Russland unterstützten Separatisten würden Beweise entfernen. „Was genau wollen sie verbergen?“, fragte Obama. Großbritanniens Premierminister David Cameron drohte Moskau erneut schärfere Sanktionen an.
Die Außenminister der Europäischen Union kommen am Dienstag in Brüssel zusammen, um über die Ukraine-Krise und Konsequenzen aus dem Absturz zu beraten. Noch am Montag sollte der UN-Sicherheitsrat über eine Resolution zum Absturz der Maschine abstimmen.