Spanienkämpfer Hans Landauer: Unsere Heimat lag vor Madrid 1
Wien/Madrid (APA) - Wenn Hans Landauer seiner Geschichte den nötigen Nachdruck verleihen wollte, sagt er einen Satz: „Ich hab‘ mich ja damal...
Wien/Madrid (APA) - Wenn Hans Landauer seiner Geschichte den nötigen Nachdruck verleihen wollte, sagt er einen Satz: „Ich hab‘ mich ja damals noch nicht einmal rasiert.“ Damals, im Frühling 1937.
In Österreich hatte der Ständestaat die Illusionen der Arbeiterschaft in den Februarkämpfen 1934 erstickt, in Spanien wiederum rückten die aufständischen Truppen rund um General Francisco Franco weiter gegen die Republik vor. Beim 16-jährigen Hans von den Roten Falken in Oberwaltersdorf verfestigte sich der Eindruck immer mehr: „Die letzte Chance, den Faschismus abzuwehren, gibt es in Madrid.“
Eines Tages schaute der sozialistische Ex-Bürgermeister von Pottendorf bei Landauers Großvater vorbei. In der Hand einen Brief, auf den Lippen den entscheidenden Satz: „Heast Koarl, der Haiderer Franz kämpft in Spanien.“ In diesem Moment, erzählte Hans Landauer einmal in einem APA-Interview, stand für ihn fest: „Da muss ich hin.“ Weil er für den Opa oft Päckchen mit illegalen Publikationen wie die „Arbeiter-Zeitung“ oder die „Rote Fahne“ transportierte, wusste er, wohin er sich wenden musste. Am 18. Juni nahm der 16-Jährige in Traiskirchen von einem Verbindungsmann 150 Schilling und eine Kontaktadresse in Paris in Empfang. Einen Tag später, um 14.02 Uhr, ging die Reise los. Sie sollte erst acht Jahre später enden. Bei der Rückkehr war das Rasiermesser längst dabei. Die Jugend aber hatte Landauer im Krieg und im KZ Dachau gelassen.
1937 funktionierte der von der Komintern organisierte Spanienkämpferapparat wie geschmiert. „Am 19. Juni bin ich weg“, erinnert er sich, „ein Monat später war ich an der Front.“ Dazwischen lagen vierzehn Tage Ausbildung im Basislager der Internationalen Brigaden in Albacete. Knapp zuvor war das Österreicher-Bataillon der XI. Brigade gegründet worden. Ein Name als Programm: 12. Februar 1934. „Von den 1.350 Österreichern, die nach Spanien gingen,“ meint der 78-Jährige, „waren fast alle 1934 bei der Verteidigung der Demokratie in Österreich dabei.“ Schutzbündler, Revolutionäre Sozialisten, Kommunisten - sie alle hätten ein Ziel gehabt: „Die Fortsetzung des Kampfes gegen den Faschismus. Wir sahen den Ständestaat nicht als unsere Heimat. Die lag damals vor Madrid.“
Dass die Realität mit den Legenden, die sich um die Interbrigaden ranken, nicht immer konform ging, wusste Landauer genau. „Natürlich waren die Kommunisten dahinter. Karriere haben nur Linientreue gemacht“, erinnerte er sich an die Zeit in der MG-Kompanie des 12.-Februar-Bataillons, wo er bis Mai 1938 blieb. „Dass aber jeder, der kein Stalinist war, exekutiert wurde, stimmt auch nicht. Bei den Österreichern jedenfalls.“ Die 265 Landsleute, die „in Spaniens Erde blieben“, seien alle im Kampf gegen Franco gefallen.
Er selbst wurde am 4. September 1937 bei Belchite verwundet. Der Kampfgeist blieb intakt. Landauer trat der „Juventud Socialista Unificada“, einer KP-Organisation, bei. 1948, beim Bruch Tito-Stalin trat er wieder aus. Zuvor beteiligte er sich noch am zweiten Einsatz der Freiwilligen im Dezember 1938. Nach dem Rückzug im September waren die Österreicher in Bisaura de Ter nahe Frankreich interniert gewesen: „Als Franco Katalonien angriff, sind wir in einer ‚ratonera‘ gesessen, einer Mausefalle“. Bis Ende Jänner wurde gekämpft. Eine Frage der Moral und Ideologie, denn militärisch war der Krieg verloren. Im Februar 1939 überstellte man die übriggebliebenen Brigadisten in französische Lager: „Das war die Vorhölle für Deutschland.“ Dreimal brach Landauer aus, dreimal wurde er gestellt.