Spanienkämpfer Hans Landauer 2 - „Es ist alles den Bach runter“

Wien/Madrid (APA) - Im Herbst 1940 wurde den Internierten zugetragen, sie könnten gefahrlos in die von Hitler besetzte Heimat zurückkehren. ...

Wien/Madrid (APA) - Im Herbst 1940 wurde den Internierten zugetragen, sie könnten gefahrlos in die von Hitler besetzte Heimat zurückkehren. Auch Landauer wurde Opfer seiner Leichtgläubigkeit. Die Heimfahrt endete im besetzten Paris. Er wurde von der Gestapo („Es hat eine eigene Österreicher-Truppe gegeben“) verhaftet und nach Wien überstellt.

Ob seiner Jugend hoffte die Familie auf Gnade. Mit dem Tintenblei schrieb der 20-Jährige aber die Wahrheit auf ein Handtuch. Als die Mutter den Stoff einweichte, las sie: „Komme nach Dachau.“

„Um in deutschen KZs zu überleben, brauchte man Glück, Glück und nochmals Glück“, blickte Landauer in dem APA-Interview zurück. Sein Glück war, dass die Spanienkämpfer in Dachau bei der Besetzung der Arbeitskommandos ein Wort mitredeten. Ein Arbeitsplatz bot die Chance, durchzukommen. Erst schuftete Landauer beim Gleisoberbau, wo ihn ein Wiener Teichgräber den Umgang mit der Schaufel lehrte („Der hat am ersten Tag gesagt: Bua, wanns‘t so weitermachst, bist bald tot“), dann wurde er als Kohlenschaufler in die Dachauer Porzellanmanufaktur geholt.

1945 kehrte der 24-Jährige nach Österreich zurück. Aufgrund der Erfahrungen mit den russischen Besatzern war ihm eines bald klar: „Die KP hat ausgespielt.“ Landauer wurde SP-Mitglied und Polizist. Kleine Ganoven zu überführen, hatte es ihm dabei weniger angetan. Nach einer Zeit im sowjetisch besetzten Niederösterreich widmete er sich im Innenministerium der Aufklärung von NS-Verbrechen: „Mein erster Fall war die Ermordung von 100 Juden durch SS und Hitlerjugend in der Schliefau.“ In den 60er Jahren war es damit vorbei. „Die ÖVP-Regierung hatte keine Verwendung mehr für mich.“

Zur Hotelkontrolle abgeschoben, ging er bald als UNO-Beamter nach Zypern. Der 50-Jährige hatte seine Aufmüpfigkeit nicht verloren. 1972 deckte er Neo-Nazi-Umtriebe im Österreicher-Kontingent auf und wurde in Folge von Innenminister Otto Rösch („Der hat doch die NSDAP-Nummer 8.595.796 gehabt“) zurückberufen. „Disziplinierung des Zeugen und nicht des Täters“, nannte Landauer den Vorfall, der über „Spiegel“ und „profil“ den Weg in die Weltpresse fand, auch später noch. Landauers Trost: Er wurde rehabilitiert und in die Botschaft in Beirut versetzt.

Als Pensionist widmete sich Landauer im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) lange Jahre seiner Spanienkämpfersammlung. Über 1.380 österreichische Freiwillige legte er Dossiers an. Emsig suchte er ihre Spuren. Das sei er den Kameraden schuldig gewesen, meinte 1999 gegenüber der APA: „Ich forsche in Spanien auch auf Friedhöfen und Gemeindeämtern. Ein Historiker ist ein Kriminalbeamter, der in die Vergangenheit geht.“ Als solcher war er auf Objektivität bedacht: „Wenn ich mir etwa die DDR-Literatur zum Bürgerkrieg anschaue, kommt mir das Kotzen.“

Ähnlich ging es ihm, wenn er überlegte, was aus seinen Idealen geworden ist: „Es ist alles den Bach runter. Die letzte Chance, dem Kommunismus ein menschliches Antlitz zu geben, wäre 1968 in der CSSR gewesen. Der Sozialismus hat sich selbst umgebracht.“ Aus der SPÖ trat er auch aus. Da wühlte er lieber in der Vergangenheit. In den vergangenen Jahren schrieb Landauer vor allem Nachrufe. Neben Landauer gibt es nur noch einen lebenden Spanienkämpfer.

Seine Sammlung hat Landauer 2003 (eine erweiterte Ausgabe erschien 2008) gemeinsam mit Erich Hackl in ein „Lexikon der österreichischen Spanienkämpfer“ verpackt. Die Finanzierung war nicht einfach. Das mangelnde Interesse - „auch von links“ - hat Hans Landauer gekränkt. „Das war für die Arbeiterbewegung doch ein Stück Zeit, für das man sich nicht schämen muss. Von einem Höhepunkt will ich ja gar nicht sprechen.“