Nach Freispruch im Ruby-Prozess plant Berlusconi politisches Comeback
Rom (APA) - Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi geht deutlich gestärkt aus dem Freispruch im sogenannten „Ruby“-Prozess in Mailand hervor....
Rom (APA) - Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi geht deutlich gestärkt aus dem Freispruch im sogenannten „Ruby“-Prozess in Mailand hervor. Nachdem der 77-jährige Medienmagnat vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs und des Sex mit einer minderjährigen Nachtklubtänzerin entlastet worden ist, denkt Berlusconi an sein Comeback nach Monaten politischer Isolierung.
Berlusconi, der noch etwa acht Monate lang Sozialdienst in einem Altersheim für Demenzkranke bei Mailand leisten muss, um die einjährige Haftstrafe wegen Steuerbetrugs abzubüßen, will sich um einen politischen Neustart für sein Mitte-Rechts-Lager bemühen. Der Gründer und Chef der rechtskonservativen Oppositionspartei Forza Italia telefonierte mit seinem ehemaligen „Ziehsohn“ Angelino Alfano, der sich im vergangenen November von ihm getrennt hatte, um seine eigene Rechtspartei „Nuovo Centro Destra“ (NCD - Neue Rechte Mitte) zu gründen. Die NCD-Partei gehört der Regierungskoalition um Premier Matteo Renzi an.
„Wir müssen gemeinsam arbeiten, um das gemäßigte Lager in Italien zu stärken“, appellierte Berlusconi. Der 43-jährige Alfano, Innenminister im Kabinett Renzi, versicherte, dass sich seine starke Beziehung zu Berlusconi während den Monaten der Trennung nicht geändert habe. Bei den EU-Parlamentswahlen im Mai war Alfanos Partei auf lediglich 4,4 Prozent der Stimmen gekommen. Die Forza Italia war auf ein Rekordtief von 16,8 Prozent geschrumpft. Kein Wunder, dass sich Berlusconi jetzt um eine „Parteienföderation“ bemüht, um seinem kriselnden Mitte-rechts-Block neuen Schwung zu verleihen.
Dem neuen Bündnis könnten sich die rechtspopulistische Lega Nord und die Rechtspartei „Fratelli d‘Italia“ (Brüder Italiens) anschließen, die zuletzt Interesse für eine Zusammenarbeit mit Berlusconi gezeigt hatten. Ziel ist ein gemeinsames Programm zu entwerfen und einen gemeinsamen Spitzenkandidaten für die Regionalwahlen im kommenden Jahr zu bestimmen.
Ob Berlusconi bei seinem Plan erfolgreich sein wird, ist fraglich. Der ambitionierte Alfano wird schwer auf seinen Innenminister-Posten verzichten, um mit Berlusconis Forza Italia in die Opposition zu gehen. Nicht ausgeschlossen wird jedoch, dass sich die Gruppierung des Medienzaren der Regierungskoalition anschließen könnte. Berlusconi hatte zuletzt Bereitschaft gezeigt, mit Premier Renzi bei seinen Bemühungen um politische Reformen in Italien zu kooperieren.
Im Senat wird zurzeit Renzis Plan für eine radikale Änderung des seit Beginn der republikanischen Geschichte Italiens geltenden Zwei-Kammer-Systems diskutiert. Mit der Senatsreform soll ein Projekt durchs Parlament, das für Renzis politische Zukunft besonders wichtig ist. Er will die Zahl der Senatoren von 320 auf 100 verringern. Der neue Senat soll nicht mehr gleichberechtigter Gesetzgeber sein und statt aus gewählten Senatoren aus Vertretern der Regionen und großen Städte bestehen.