Honiggelber Schmelztiegel der Kulturen
Malta, die Mittelmeerinsel der charmanten Kontraste, trumpft mit großer Geschichte und südlichem Lebensgefühl auf. Wer hier bloß Strandurlaub macht, verpasst das Allerbeste.
Von Claudia Funder
Malta –Im Landeanflug sieht Malta aus wie ein sandfarbener Riesenfelsen im azurblauen Mittelmeer. Der honiggelbe Kalkstein, der bei Sonnenuntergang golden zu glänzen beginnt, prägt die Landschaft und Architektur des kleinsten aller EU-Staaten. Wer auf der Suche nach saftiggrüner Natur ist, ist hier falsch. Aber Malta hat unzählige andere Reize.
Die karge Schönheit strotzt geradezu vor Kultur. Allerorts ist die 7000-jährige Geschichte des dichtbesiedelten Inselstaates spürbar. Seit der Antike gab es ein reges Kommen und Gehen von Herrschern. Phönizier, Griechen, Römer, Araber, Spanier, Johanniter, Franzosen und Briten – sie alle drückten Malta ihren Stempel auf und hinterließen markante Spuren.
Entweder man verliebt sich in Malta sofort oder nie, hab’ ich hier mehrfach gehört. Da war ich dem Reiz der authentisch gebliebenen Insel längst erlegen. Vielleicht sind die unübersehbaren Kontraste und vielen Überraschungen, die Malta und ihre kleinen Schwesterninseln Gozo und Comino servieren, das Geheimnis des Charmes. Ein Wechselspiel aus uralter Tradition und kosmopolitisch-offener Atmosphäre, Wurzeln und Wandel, Vergangenheit und prallem Nachtleben, Luxusliner und bunten Fischerbooten, ausgelassener südländischer Lebenslust und noblem britischen Touch.
Maltesisch ist die einzige arabische Sprache, die mit lateinischen Buchstaben geschrieben wird. Sprachbarrieren gibt es für Touristen dennoch keine, wenn man nur der Grundzüge des Englischen mächtig ist. Es ist hier die zweite Amtssprache.
Unübersehbar im Straßenbild: Die Insulaner haben eine Schwäche für schnelle Autos. Die Dichte an Ferraris ist beachtlich, obwohl die zugelassene Höchstgeschwindigkeit auf Malta von 80 km/h nicht wirklich den kräftigen Tritt auf das Gaspedal zulässt. Der Linksverkehr ist ein Relikt aus der Zeit als britische Kronkolonie. Auf allzu viele Verkehrsschilder verzichtet man, vor rasanten Kurven reicht der knappe Hinweis „slow“ aus.
Die Malteser wissen zu feiern und lassen es bei ihren unzähligen „Festas“ gehörig krachen. Kanonendonner und pompöse Feuerwerke sind fixer Bestandteil.
Nahezu alle Inselbewohner sind römisch-katholisch, es gibt rund 360 Kirchen auf dem Eiland – fast eine für jeden Tag des Jahres. Und auf der Mittelmeerinsel geschieden zu werden, war noch vor drei Jahren ein Ding der Unmöglichkeit. Erst 2011 gab Malta nach einem denkbar knappen Volksentscheid als letzter EU-Staat grünes Licht.
In den Kirchen sollte man tunlichst Schultern und Knie bedeckt halten. Auch Highheels werden in den heiligen Hallen argwöhnisch betrachtet. Ein absoluter Pflichttermin ist die St. John’s Co-Cathedral in Valletta. Außen unscheinbar, bleibt einem beim Betreten schier die Luft weg vor Prunk und Gold. Derart konzentrierte Pracht sieht man selten. Highlight des Baus sind zwei herausragende Werke von Caravaggio.
Valletta, die kleinste Hauptstadt Europas, wurde 1566 vom Großmeister des Johanniterordens, Jean Parisot de la Vallette, gegründet. Viele Bauten erinnern noch an die Ordensritter, etwa auch der Großmeisterpalast. Mit ihrem aufpolierten Stadtbild wird Valletta 2018 als Europäische Kulturhauptstadt erst recht glänzen.
Die Hauptstadt bietet sich an, sich einfach treiben zu lassen. Verlaufen kann man sich kaum, die zwei Häfen und das schachbrettartig angelegte Stadtbild sorgen für Orientierung und lassen die Schönheiten auch ohne Straßenplan erobern. Es geht steil rauf und runter über Stiegen und Straßen. Dennoch sollte man den Blick heben. An den unzähligen bunten Balkonen der Hausfassaden kann man sich kaum sattsehen.
Lohnenswert ist ein Abstecher zu den Upper Barracca Gardens mit einem herrlichen Blick auf den Grand Harbour. Wer auf schräge Nostalgie steht, sollte der Casa Rocca Piccola aus dem 16. Jahrhundert einen Besuch abstatten. Immer noch von einer Malteser Adelsfamilie bewohnt, birgt der Stadtpalast Kunst, Antiquitäten und jede Menge skurrilen Krimskrams.
Wer die Insel erkundet, sollte in Mdina, der alten Hauptstadt Maltas, bei der Blauen Grotte im Örtchen Wied-iz-Zurrieq sowie bei den Megalith-Tempeln Hagar Qim und Mnajdra einen Stopp einlegen. Die Tempelanlagen auf Malta und Gozo sind auf 3600 bis 2500 vor Christus datiert. Die Insel ist im wahrsten Sinne des Wortes steinreich.
Das südliche Lebensgefühl inhalieren lässt sich zwischendurch besonders gut in einem der vielen pittoresken Lokale der Insel. Neben Fisch sollte man unbedingt Kaninchen probieren, meinen die Einheimischen. Für jeden Gaumen zu empfehlen ist auf jeden Fall das maltesische Brot – außen rustikal-knusprig und innen weich – mit einem der köstlichen Aufstriche und Pasten.
Reiseinformationen
Flüge: TUI bietet Flüge nach Malta mit Air Malta (täglich) und NIKI (drei Mal wöchentlich) ab Wien an. Anschlussflüge für die Bundesländer sind möglich.
Übernachtung: Urlaubsrefugien gibt es von der traditionell-rustikalen Bleibe bis zum Luxushotel. Besonders viele Häuser liegen im Vier- und Fünfsterne-Segment. Infos und Buchung in jedem guten Reisebüro und auf www.tui.at.
Bevölkerung: 410.000 Einwohner verteilen sich auf 316 km².
Lage: Im Mittelmeer. 92 km bis Sizilien, 290 km bis Afrika.
Klima: 10 bis 18 Grad C im Winter, 22 bis 33 Grad C im Sommer.